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Coronavirus

Mehr Kinder in Spitälern und Warnung vor Langzeitfolgen

Kinder sind zwar nur selten von schweren Verläufen bei einer Covid-Erkrankung betroffen, dennoch brachte die vierte Welle im November oftmals eine höhere Belegung auf den Kinderstationen mit sich als das das gesamte Jahr 2020 der Fall war. Grund dafür ist oft das Multi-Entzündungssyndrom. Experten warnen zudem, dass auch Kinder von Long Covid betroffen sein können.

mil/Agenturen

An der Innsbrucker Universitätsklinik für Pädiatrie macht sich Corona zunehmend bemerkbar. Obwohl Kinder seltener schwer an der Virusinfektion erkranken, traten im vergangenen Jahr vermehrt Fälle einer überschießenden Entzündungsreaktion auf. Alleine im November 2021 mussten 17 Kinder wegen Corona stationär behandelt werden, fast so viele wie im gesamten Jahr 2020, teilte das Land am Mittwoch mit. Landesrätin Annette Leja (ÖVP) appellierte daher, die Kinder impfen zu lassen.

2020 wurden 40 Kinder wegen Corona im Krankenhaus behandelt, 2021 waren es schon 121. Fünf Prozent davon benötigten im Vorjahr intensivmedizinische Behandlung. Grund dafür sind oft das „PIMS-Syndrom“ oder „MIS-C“. „Der Überbegriff MIS-C steht für ein Multi-Entzündungssyndrom bei Kindern, das nach einer Covid-Infektion auftreten kann“, erklärte Klaus Kapelari, leitender Oberarzt der Innsbrucker Pädiatrie. „Ursache für die Entzündungsprozesse ist vermutlich eine verzögerte Überreaktion des Immunsystems auf persistierende Virusbestandteile. Die Zahl der Patientinnen und Patienten, die diesem Syndrom zugeordnet werden, steigt in jeder Welle an“, sagte er.

PIMS kann bei Kindern drei  bis sechs Wochen nach einer durchgemachten Covid-Infektion auftreten, auch wenn diese einen milden Verlauf hatten. Symptome sind zum Beispiel rote Flecken auf der Haut, hohes Fieber, gerötete Bindehaut und stark durchblutete rote, teilweise rissige Lippen sowie Augenringe, Bauchschmerzen sowie Durchfall und Erbrechen, aber auch leichter Husten.

Alleine zwischen Ende Dezember 2021 und Anfang Jänner 2022 wurden sechs Patienten mit dem Syndrom behandelt. Keiner der Corona- bzw. MIS-C-Patienten, die bis 18 Jahre alt waren, war geimpft. „Selbst, wenn Kinder Gott sei Dank nur selten schwer erkranken, ist das Risiko ohne Impfung schwere und auch dauerhafte gesundheitliche Probleme durch eine Infektion zu bekommen jedenfalls wesentlich höher, als das Risiko durch die Impfung eine Impfreaktion oder Nebenwirkung zu erleiden“, argumentierte Kapelari. Thomas Müller, Direktor der Kinderklinik, verdeutlichte die Risiken einer Infektion: „Zwei unserer aktuellen MIS-C-Patientinnen und Patienten leiden aufgrund der Erkrankung nun an schweren Herzproblemen und mussten auf der Intensivstation behandelt werden“.

Mehrere Kinder mit Folgeerkrankung in Kärntner Spitälern

Acht Kinder sind in den vergangenen 14 Tagen in den Landeskrankenhäusern in Klagenfurt und Villach wegen der Corona-Folgeerkrankung PIMS behandelt worden. Fast alle Kinder waren so schwer erkrankt, dass sie auf Intensivstation behandelt werden mussten, bestätigte am Mittwoch Kabeg-Sprecherin Nathalie Trost einen entsprechenden Bericht der „Kleinen Zeitung“.

Das Auftreten ist zwar selten, etwa eines von 1.000 betroffenen Kindern entwickelt ein solches Pädiatrisches hyperinflammatorisches Syndrom mit Multiorganbeteiligung. Dass nun doch vermehrt Kinder mit PIMS im Krankenhaus landen, könnte mit den vielen Corona-Infektionen seit Schulbeginn zusammenhängen. Wie Jörg Jahnel, Primarius für Kinder- und Jugendheilkunde am Klinikum Klagenfurt, zur „Kleinen Zeitung" sagte, sei keines der fünf im Klinikum behandelten Kinder geimpft gewesen.

Während der vierten Welle 35 Kinder in Salzburg im Spital

Im Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin des Landeskrankenhauses Salzburg war die vierte Corona-Welle im Herbst 2021 die mit Abstand heftigste. Im letzten Jahresviertel waren in Summe 35 Kinder wegen Covid stationär in Behandlung, das ist beinahe die Hälfte aller Fälle im Jahr 2021, in dem insgesamt 80 Kinder und Jugendliche im Bundesland mit dieser Diagnose hospitalisiert waren, sagte der Leiter Daniel Weghuber am Mittwoch.

Zwei Drittel der Kinder, die während der vierten Welle ins Spital mussten, hatten keinerlei Vorerkrankungen. „Das jüngste Kind, das wir stationär behandelt haben, war zwei Wochen alt. Es wäre fast gestorben“, schilderte Weghuber. Ein junger Patient hat die Erkrankung nicht überlebt. Und jedes dritte Covid-Kind am Uniklinikum - konkret waren es zwölf - litt am Hyperinflammationssyndrom PIMS, das ist eine überschießende Immunreaktion nach einer Covid-Erkrankung. Alle diese Kinder haben intensivmedizinisch behandelt werden müssen, so der Klinik-Vorstand.

Die 80 im Vorjahr in einem Salzburger Spital behandelten Kinder seien „um ein Vielfaches“ mehr gewesen als noch im ersten Corona-Jahr 2020. Aktuell, also am Beginn der fünften Welle, ist die Situation im Kinderspital hingegen noch ruhig. Nur vereinzelt würden derzeit Kinder mit der Diagnose Covid aufgenommen, heute etwa sei kein einziges Kind in stationärer Behandlung.

Zahl junger Covid-Patienten 2021 in NÖ gestiegen

Im Jahr 2021 sind in Niederösterreichs Kliniken 87 Corona-Patienten bis neun Jahre behandelt worden, davon vier intensivmedizinisch. Im Alter von zehn bis 19 Jahren kamen nach Angaben der Landesgesundheitsagentur (LGA) 102 Covid-Erkrankte ins Spital, davon zwei auf die Intensivstation. Das war ein deutlicher Anstieg gegenüber 2020, als 14 Corona-Patienten bis neun Jahre und 49 von zehn bis 19 Jahren in Kliniken behandelt wurden, je zwei davon intensivmedizinisch. Ob die Betroffenen geimpft waren, wurde aus Datenschutzgründen nicht bekanntgegeben. Am Mittwoch befanden sich keine Kinder bzw. Jugendlichen stationär in niederösterreichischen Kliniken, teilte die LGA  mit.

„Kinder und Jugendliche erkranken im Vergleich zu Erwachsenen seltener. Und wenn sie erkranken, dann weniger schwer an Covid-19“, teilte Karl Zwiauer, Impfexperte der LGA und Mitglied des Nationalen Impfgremiums, mit. Vor allem schwere Krankheitsverläufe im Rahmen des Multisystem-Inflammationssyndroms (MIS-C) seien jedoch „eine schwere Belastung für Kinder“.

Außerdem „mehren sich Hinweise, dass auch Kinder und Jugendliche nach milden oder asymptomatischen Verläufen langfristig unter den Folgen einer Covid-19-Erkrankung („Long Covid“) leiden können“, teilte der Experte mit. Zwiauer betonte weiters, dass durch die Impfung von Kindern und Jugendlichen Infektionen und damit auch Maßnahmen wie Schulschließungen oder Einschränkungen im sozialen Leben vermieden werden können.

Derzeit keine Kinder wegen Covid-19 in steirischen Spitälern

Ähnlich wie in Tirol hat auch die Steiermark im vergangenen November die meisten an Covid-19 erkrankten Kinder in stationärer Behandlung verzeichnet: 44 waren es an der Spitze der vierten Welle. Derzeit befinde sich kein einziges Kind im Alter bis 15 Jahren wegen einer Corona-Infektion im Spital, hieß es am Mittwochseitens des Sprechers der Steiermärkischen Krankenanstaltengesellschaft (KAGes).

Der Höchstwert im ersten Pandemie-Jahr 2020 war übrigens mit 21 Buben und Mädchen ebenfalls der November, wie aus einer der APA zur Verfügung gestellten Grafik der KAGes hervorgeht. Die Kurve in der Grafik verläuft ähnlich wie jene mit den Zahlen über das allgemeine Infektionsgeschehen und zwar in Wellen mit Spitzen im November 2020 sowie März und November 2021. Eine Spitze ist auch im September 2021 zu erkennen. Insgesamt waren 2020 54 Kinder wegen einer Covid-19-Infektion in stationärer Behandlung, 2021 waren es 190.

In OÖ Kinder und Jugendliche in Spitalsbehandlung nicht erfasst

Im Gegensatz zu den meisten anderen Bundesländern werden in Oberösterreich die Daten zu Kindern, die wegen schwerer Verläufe von Corona-Erkrankungen im Spital behandelt werden müssen, „nicht zentral abgefragt“, informierte der Krisenstab am Mittwoch. Dies geschehe „aufgrund der bisher geringen Anzahl von stationär zu behandelnden Kindern und Jugendlichen“ nicht, so die Begründung. Am Mittwoch lag ein Kind (Altersgruppe 0 bis 14 Jahre) auf einer Normalstation.

Die Situation werde von den oö. Krankenhäusern jedoch „weiter genau beobachtet und bei Notwendigkeit werden in Abstimmung mit dem Krisenstab entsprechende Maßnahmen gesetzt“. Es wird aber dringend empfohlen, Kinder ab dem 5. Lebensjahr zu impfen, „um vermehrt schweren Krankheitsverläufen bei stark steigenden Infektionszahlen möglichst wirksam entgegenzutreten“, teilte der Krisenstab weiter mit.

Denn auch in Oberösterreich geht die Zahl der Neuinfektionen steil nach oben. Von Dienstag auf Mittag wurden laut oö. Krisenstab 1.001 Neuinfektionen gemeldet - das Ministerium registrierte für das Bundesland 1.029 Fälle. Insgesamt waren am Mittwoch 4.709 Fälle aktiv nachweisbar. Darunter befinden sich 970 Omikron-Fälle, 159 mehr als noch am Vortag.

Bisher litten zehn Kinder in Vbg. an Entzündungssyndrom

In Vorarlberg mussten infolge einer Corona-Erkrankung bisher rund zehn Kinder auf Multi-Entzündungserkrankungen (PIMS) behandelt werden. Rund 15 Prozent aller angesteckten Kinder leiden einen Monat nach einer Infektion noch an Long-Covid-Symptomen wie Abgeschlagenheit oder Kopfschmerzen, nach drei Monaten sind es noch zehn Prozent.

Die Vorarlberger Krankenhausbetriebsgesellschaft sprach sich auf APA-Anfrage gerade auch deshalb nachdrücklich für die Impfung von Kindern aus. Gerade im Hinblick auf die Omikron-Mutation des Coronavirus' stelle die Impfung den besten Schutz vor schweren Verläufen dar, wurde betont. Der Großteil der Kinder, die nach einer Coronainfektion an einer Entzündungserkrankung leiden, muss auf der Intensivstation behandelt werden.