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Internationale Pressestimmen zu Österreichs Corona-Politik

Die internationale Medien kommentieren derzeit emsig und überaus kritisch die österreichischen Corona-Maßnahmen. Die Schlagzeilen im Blätterwald reichen dabei von „Systemversagen prägt Österreichs Corona-Politik“ (Nepszava) über „Österreich braucht einen Kanzler mit eigener Autorität“ (FAZ) bis hin zu „Ziellos, zögerlich, zerstritten“ (Handelsblatt).

mil/Agenturen

„Frankfurter Allgemeine Zeitung“:

„Es lohnt sich, sich das von Deutschland aus anzuschauen. Denn unähnlich ist die Entwicklung ja nicht, nur vielleicht noch einen oder zwei Schritte hinterher. Im Sommer hatte die Kanzlerpartei ÖVP plakatiert: 'Pandemie gemeistert, Krise bekämpft'. Das hat in paradoxer Folge dazu geführt, dass die Behauptung widerlegt werden würde. Denn dazu gehörte eine Politik, die Nachdruck vermissen ließ und es bei moralischen Appellen zum Impfen beließ. Das hat in erster Linie der damalige Regierungschef Sebastian Kurz zu verantworten. Aber auch der grüne Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein kann sich nicht hinter dem Kanzler verstecken, weder dem früheren noch dem heutigen. Zumal Fachminister in Wien rein rechtlich stärker sind als in Deutschland, denn der österreichische Bundeskanzler hat keine Richtlinienkompetenz.

(...) Die Affären um den ÖVP-Chef kann man so oder so beurteilen, da ist die Sache nicht so eindeutig, wie von Kurz' Gegnern gern getan wird. Aber dass die neu formierte ÖVP-Regierungsriege dann die von Woche zu Woche dringender notwendigen Reaktionen auf die vierte Corona-Welle abgeblockt hat, um eine Parole ihres in den Hintergrund getretenen Parteichefs zu retten, hat den Schaden verschlimmert. Österreich brauchte einen Kanzler, der mit eigener Autorität das Land führt, und das kann Alexander Schallenberg bei allem guten Willen nicht sein, solange Kurz von hinten mitsteuert.“

„Nepszava“ (Budapest) schreibt laut dpa:

„Der derzeitige FPÖ-Chef Herbert Kickl möchte gerne in die Fußstapfen seines 'großen' Vorgängers (Jörg) Haider treten. Zynisch nutzt er die Unwissenheit einer bestimmten Bevölkerungsschicht aus, raffiniert vermengt er die Impfgegnerschaft mit extremem Populismus. (...) Doch es ist bei weitem nicht nur Kickls Fehler, dass Österreich zu einem Land der Widersprüche wurde. Eine große Rolle spielte dabei der zum Rücktritt gezwungene Bundeskanzler Sebastian Kurz, der nichts gegen die Pandemie tat und von dem sich im Nachhinein (im Zuge staatsanwaltschaftlicher Ermittlungen) herausstellte, dass er in der Sportart Zynismus unschlagbar ist. Bei uns (in Ungarn) wurde oft gesagt, Österreich sei (in der Corona-Politik) 'unser Versuchslabor'. Schade, dass wir (von Österreich) nur das Schlechte übernehmen. Zum Beispiel die fatalen Fehler des politischen Systems.“

„Handelsblatt“ (Düsseldorf):

„Der grüne Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein wurde von ÖVP-Ministern wiederholt bloßgestellt. Immer wieder hatte er strenge Maßnahme angemahnt, etwa lokale Lockdowns oder nächtliche Ausgangssperren. Aber bei den Regierungskollegen fand er kein Gehör. Auch Bundeskanzler Alexander Schallenberg hatte einem Lockdown für Geimpfte wiederholt eine Absage erteilt. Geradezu desavouiert wurde Mückstein von der Tourismus- und Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger. 'Ich halte überhaupt nichts von den Wortmeldungen des Gesundheitsministers', verkündete sie vor einer Woche.

Österreich ein Paradebeispiel dafür, was geschieht, wenn in der Pandemiebekämpfung parteipolitisches Gezänk die Oberhand gewinnt. Das wirkte sich besonders auf das Bundesland Oberösterreich aus, das schwer von der vierten Pandemiewelle getroffen wurde. Die Opposition wirft der ÖVP und Landeshauptmann Thomas Stelzer „bewusste Untätigkeit im Sommer“ vor. Hier schwingt der Vorwurf mit, ÖVP-Vertreter hätten die Infektionslage vor den Landtagswahlen im September schöngeredet. Dies mit dem Hintergedanken, der FPÖ, deren Mitglieder die Corona-Maßnahmen teilweise vehement ablehnen, keine Munition zu liefern.“

„The Guardian“ (London):

„Österreich war schon einmal ein Vorbote der europäischen Covid-19-Politik. Am 8. November führte es in einem vergeblichen Versuch, die Fallzahlen unter Kontrolle zu bringen, eine sogenannte '2G'-Regel an Veranstaltungsorten wie Restaurants, Kinos und Fitnessstudios ein, die besagt, dass nur Personen Zutritt haben, die in den vorangegangenen sechs Monaten eine Doppelimpfung erhalten haben oder von Covid-19 genesen sind. Österreich hat es vorgemacht, andere sind gefolgt, darunter auch viele deutsche Bundesländer. Länder, die nach wie vor mit Ausbrüchen und hartnäckig niedrigen Impfraten zu kämpfen haben, werden die Einführung des österreichischen Impfmandats genau beobachten, möglicherweise als Wegweiser für künftige Entwicklungen.“

 

Zeitungen
„Der grüne Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein wurde von ÖVP-Ministern wiederholt bloßgestellt“, schreibt etwa das Handelsblatt.
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© medinlive | 23.04.2024 | Link: https://www.medinlive.at/gesundheitspolitik/internationale-pressestimmen-zu-oesterreichs-corona-politik