Verein RAINBOWS
Verein RAINBOWS

Kinder in „stürmischen Zeiten“ begleiten

Wenn eine nahe Bezugsperson stirbt, löst das bei den Hinterbliebenen oft großen Schock aus. Kinder und Jugendliche trauern dabei anders als Erwachsene. Der Verein RAINBOWS begleitet Familien in in solchen Ausnahmesituationen.

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Sie legen Nelken und Rosen auf den kalten Stein, graben Vergissmeinnicht in die Erde und zünden Kerzen in der gußeisernen Laterne an: Zu Allerseelen sammeln sich hunderte Familien vor den Gräbern von verstorbenen Familienmitgliedern. Sie beten, weinen und gedenken. Darunter viele Kinder. Am Vorabend sind sie vielleicht noch kostümiert durch die Straßen gezogen, haben im Zeichen der amerikanischen Halloween-Tradition bei Nachbarn nach Süßigkeiten gefragt. Nun stehen sie vor geschmückten Gräbern, sind mit dem Tod konfrontiert von Verwandten und der Trauer der Hinterbliebenen. 

In Österreich gibt es derzeit rund 2.670 Halbwaisen und Waisen im Alter von 0 bis 18 Jahren - also Kinder und Jugendliche, deren Mutter oder Vater gestorben ist. Dazu kommen jene Kinder, die um andere nahe Angehörige oder Bezugspersonen trauern. Kinder begreifen den Tod anders als Erwachsene, beschreibt der Verein RAINBOWS, der sich auf die Trauerbegleitung von Kindern spezialisiert hat. So können erst Schulkinder die Endgültigkeit des Todes erfassen. Vorher wird das Thema Tod und auch die eigene Endlichkeit nicht realisiert. Auch dann, wenn die Trauer greifbar wird, sieht die Verarbeitung bei den jungen Menschen meist ganz anders aus, als Erwachsene es erwarten würden.

Reaktionen von Kindern für Erwachsene oft schwer verständlich

„Kinder und Jugendliche springen oft in die Trauer hinein und wieder hinaus, ähnlich wie in eine Pfütze“, illustriert Romi Leonhardt, Psychologin bei RAINBOWS. „Sie sind zum Beispiel gerade in ein Spiel vertieft und im nächsten Moment kann es zu heftigen Gefühlsausbrüchen kommen.“ Für die Erwachsenen, die mit ihrer eigenen Trauer beschäftigt sind, sind diese Reaktionen oft schwer verständlich und können sie sogar bis an die Grenzen ihrer Belastbarkeit bringen, weiß Leonhart.

„Wenn die Hinterbliebenen beim Kind oder Jugendlichen starke Verhaltensänderungen bemerken oder es scheinbar gar nicht reagiert“, ist es ratsam, sich Hilfe zu holen“, empfiehlt Leonhardt. „Es kann sich um einen teilweisen oder totalen Rückzug aus dem sozialen Umfeld handeln, um gesteigerte Aggressivität oder auch um starke Angst und Wut.“

Das Beste ist, es gar nicht so weit kommen zu lassen, dass sich Hilflosigkeit im Umgang mit dem betroffenen Kind einstellt, rät die Psychologin. Für alle Familienmitglieder ist es eine große Erleichterung, wenn die Kinder und Jugendlichen einfühlsam in ihrer Trauer begleitet werden, weiß Leonhart. Auch die Eltern lernen durch die Begleitung die Reaktionen ihrer Kinder besser einzuordnen und zu verstehen. Das beugt vielen Konfliktsituationen in der Familie vor.

RAINBOWS (Firmensitz in Graz) ist die einzige bundesweit tätige Organisation, die Kinder und Jugendliche nach Trennung, Scheidung oder Tod betreut. Dafür sind 16 hauptberufliche und 150 nebenberufliche MitarbeiterInnen im Einsatz. Durchschnittlich gibt es pro Jahr 260 RAINBOWS-Gruppen in Österreich, an denen 1.200 Kinder teilnehmen. 700 Kinder werden nach dem Tod eines nahestehenden Menschen begleitet.

Die Amerikanerin Suzy Yehl setzte 1983 in Chicago die ersten Schritte, Kinder bei der Bewältigung ihrer Trennungs- und Trauererlebnisse zu helfen. Selbst geschieden und Mutter von drei Söhnen wurde ihr bewusst, dass Kinder eine Trennung ebenso schmerzhaft erleben wie Erwachsene. Mit dem einen Unterschied: Die Erwachsenen hatten die Möglichkeit sich in Selbsthilfegruppen auszutauschen, während die Kinder dies nicht tun konnten. Um auch den Kindern eine Unterstützung zu geben, rief sie die ersten RAINBOWS-Gruppen ins Leben.

1991 wurden die RAINBOWS-Idee vom Jesuitenpater Rudi Kutschera nach Wien gebracht und das amerikanische Konzept für österreichische Verhältnisse adaptiert. Die ersten RAINBOWS-Gruppen starteten im Herbst 1991 in Graz, Leoben und Wien, 16 Kindern konnten damals Unterstützung und Begleitung in ihrer schwierigen Lebenssituation erfahren. Von 1991 bis 2018 wurden insgesamt über 30.000 Kinder in Gruppen unterstützt.

Nähere Informationen und Anmeldung:
RAINBOWS-Landesstelle, Mag. Romi Leonhardt
01/907 37 33, wien@rainbows.at, www.rainbows.at

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Eine Gruppenleiterin von RAINBOWS bei der Betreuung von Kindern.
Fotocredit: RAINBOWS
 
© medinlive | 20.04.2024 | Link: https://www.medinlive.at/gesellschaft/kinder-stuermischen-zeiten-begleiten