„Psychische Gesundheit geht uns alle an, egal ob jung oder alt!“, lautet die Botschaft der gemeinsamen Aussendung von Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) und Jugendstaatssekretärin Claudia Plakolm (ÖVP) am Sonntag. Psychische Gesundheit und Stabilität seien nicht zuletzt wesentliche Voraussetzungen für gesellschaftliche Teilhabe, sozialen Zusammenhalt, berufliche Leistungsfähigkeit und das Erreichen persönlicher Lebensziele. Daher ermutigten die beiden Regierungsmitglieder die Menschen, sich über das eigene Wohlbefinden mitzuteilen und auszutauschen.
„Reden hilft. Sich Hilfe zu holen, zeigt Stärke! So wie wir viele physische Erkrankungen früh erkennen können und vorsorgend handeln, müssen wir auch unser Bewusstsein für wirksame präventive Maßnahmen besser schärfen. Reden wir darüber, schauen wir auf unsere psychische Gesundheit“, appellierte Rauch. In der Aussendung wurde auch auf Maßnahmen und künftige Themen hingewiesen.
Fokus auf junge Menschen und Stigmatisierung
Speziell erwähnt wurde dabei das Projekt „Gesund aus der Krise“, das einen niederschwelligen Zugang zur psychologischen und psychotherapeutischen Behandlung für Kinder und Jugendliche bewirken soll. Plakolm dazu: „Ich bin sehr froh, dass wir das Paket über 13 Mio. Euro im Frühjahr gemeinsam auf den Weg bringen konnten. Gerade nach Monaten des Lockdown, Distance-Learning, abgesagten Maturabällen und Lehrabschlussfeiern war es dringend notwendig einen Fokus auf junge Menschen und deren psychische Gesundheit zu legen, die ganz besonders unter den Folgen der Pandemie gelitten haben. Wir haben erstmals einen One-Stopp-Shop für junge Menschen mit psychischen Problemen geschaffen, an dem Sie unkompliziert verfügbare Therapieplätze anfragen können. Und das Projekt läuft hervorragend, davon konnte ich mir erst vor einigen Wochen selbst ein Bild machen im Gespräch mit den Beraterinnen und Beratern der Koordinationsstelle. Ich möchte dem Budget nicht vorgreifen, aber ich bin sehr zuversichtlich, dass wir dieses einmalige Projekt fortsetzen werden können.“
Ein Fokus soll auf das Thema Stigmatisierung gelegt werden. Stigmatisierung stelle für Betroffene oftmals eine zusätzliche Belastung dar, könne die Heilung behindern und werde daher auch als „zweite Erkrankung“ bezeichnet, hieß es dazu in der Aussendung. „Ich sehe den Tag als Gelegenheit, darüber zu sprechen, was noch getan werden muss, damit die psychische Gesundheitsversorgung für die Menschen weltweit und besonders bei uns in Österreich Realität wird. Wir müssen den Wert und das Engagement, das wir als Einzelpersonen, Gemeinschaften und Regierungen der psychischen Gesundheit entgegenbringen, verstärken und diesen Wert mit mehr Engagement, Einsatz und Investitionen aller Beteiligten in allen Sektoren verbinden. Unser Ziel ist es, dass die psychische Gesundheit geschätzt, gefördert und geschützt wird und alle Menschen Zugang zu erschwinglicher, hochwertiger und der von ihnen benötigten psychosozialen Versorgung haben“, unterstrich Minister Rauch. Eine Kompetenzgruppe zum Thema Entstigmatisierung befasst sich daher mit Empfehlungen für ein multi-strategisches Vorgehen gegen das Stigma psychischer Erkrankungen in Österreich.
„Psychosoziale Gesundheit fördern“
Zusätzlich soll künftig die psychosoziale Gesundheit auch verstärkt in den Gesundheitsbegriff eingegliedert werden. Darauf gibt es schon seit längerem ein politisches Auge: „Die psychosoziale Gesundheit fördern“ ist eines der zehn definierten Österreichischen Gesundheitsziele, die 2012 in einem partizipativen Prozess mit Vertreterinnen und Vertretern aus Politik und Gesellschaft entwickelt und in der Folge vom Ministerrat beschlossen wurden, unterstrich der Fonds Gesundes Österreich (FGÖ) in einer Aussendung. Bis zum Jahr 2032 bilden sie den Handlungsrahmen für eine gesundheitsförderliche Gesamtpolitik. „Der Fonds Gesundes Österreich arbeitet in vielen Lebenswelten daran, die psychische Gesundheit umfassend zu fördern. In Kindergärten und Schulen, in Betrieben sowie auf kommunaler Ebene“, erklärte FGÖ-Leiter Klaus Ropin, die dazugehörige Strategie. Der FGÖ ist die nationale Kompetenz- und Förderstelle für Gesundheitsförderung.
Kritik an der Versorgungssituation in Österreich übte indes Volksanwalt Achitz. „Im österreichischen Gesundheitssystem hat die psychische Gesundheit noch immer nicht den gleichen Stellenwert wie die körperliche“, stellte er in einer Aussendung fest. „Beim Zugang zu Psychotherapie herrscht Zweiklassenmedizin, die Kinder- und Jugendpsychiatrie ist eine Dauerbaustelle. Und wie im gesamten Care-Bereich ist auch an den Psychiatrien der Personalmangel ein wesentlicher Risikofaktor für Menschenrechtsverletzungen.“
Für Achitz ist jedenfalls der Schlüssel zur Verbesserung der Situation: mehr Personal. „Um Unterbringungen in der Psychiatrie zu vermeiden, müssen niederschwellige Behandlungsangebote wie etwa Krisendienste und aufsuchende ambulante Versorgung ausgebaut werden.“