„Ende der 1980er- Jahre, Anfang der 1990er-Jahre meinten große Chirurgen noch, sie ließen sich ja auch nicht durch einen Türschlitz hindurch die Wohnung tapezieren“, schilderte der Linzer Urologe Wolfgang Loidl die Anfänge der Roboterchirurgie, die im Endeffekt auf der minimal-invasiven Chirurgie per Laparoskopie basiert.
Als erstes setzte sich in vielen Bereichen die minimal-invasive Technik durch. Dann kam die Robotertechnik, in welcher der Chirurg die Laparoskopie-Werkzeuge nicht direkt am Patienten führt, sondern von einem Steuertisch aus im Sitzen agiert. Bekannt geworden sind hier die „da Vinci“-Systeme, von denen gerade in jüngster Vergangenheit gleich mehrere neu in Österreich aufgestellt wurden.
„Jede vierte Krebserkrankung ist ein urologischer Krebs. In der Urologie ist die robotische Operation der Schwerpunkt geworden“, erklärte Loidl. Bei der Entfernung der Prostata infolge einer Karzinomerkrankung werden Deutschland bereits mehr Eingriffe mit Roboterunterstützung als „offen“ durchgeführt. Eine ähnliche Entwicklung sei auch bei den Eingriffen an Nieren und Harnblase zu erwarten.
Unangefochten bei Schnittführung und Rekonstruktion
„Der Roboter hat sieben Freiheitsgrade für die Bewegung. Man kommt bereits mit einem Port (minimal-invasiver Zugang für Laparoskop; Anm.) aus“, erklärte der Experte. Erstmals ließe sich beispielsweise mit den Sonden die Durchblutung im Operationsgebiet messen, auch Stapler für das Verschließen von Wunden könnten eingeführt werden. Die Genauigkeit der Schnittführung mit Schonung von Blutgefäßen und Nerven (Kontinenz, Potenz bei Prostataoperationen) sei deutlich besser. Besser sei die Roboterchirurgie auch bei der Rekonstruktion nach der Entfernung von Organ- und Gewebeteilen.
Am Salzkammergut Klinikum setzen Stefan Stätttner und sein Team die Roboterchirurgie bereits erfolgreich in der Leberchirurgie ein. „Für mich ist der Roboter ein Präzisionsgerät, das fantastisch ist. Es ist an der Zeit, Präzisionschirurgie zu betreiben.“ Je schwieriger der Zugang zum Operationsfeld und je genauer man operieren müsse, desto mehr würden in Zukunft solche Systeme eingesetzt werden. Das gelte zum Beispiel auch zunehmend für Eingriffe an der Bauchspeicheldrüse. Genau das gleiche ist auch in der Neurochirurgie verlangt, wo zum Beispiel Gewebeentnahme oder die Verlegung von Hirnstimulationssonden per Roboterchirurgie viel schonender und genauer erfolgen kann.
Derzeit sind die Roboterchirurgie-Systeme im Grunde Unterstützungsgeräte, welche primär das Zittern der Hand des Chirurgen ausgleichen und über schonendere Zugänge zum Operationsgebiet ihren positiven Effekt entfalten. In Zukunft - so Gernot Kronreif vom Austrian Center für Medical Information and Technology (ACMIT; Wiener Neustadt) - werden die Systeme aber immer mehr Autonomie gewinnen. Das könne schließlich von der Planung bis zur Ausführung von chirurgischen Eingriffen unter Aufsicht des Menschen gehen. Ein mit EU-Unterstützung erfolgendes Projekt: Eingriffe an Gefäßen der Augen-Netzhaut mit einer Genauigkeit von Zehn bis 30 Mikrometern (Mikrometer = Tausendstel Millimeter). Das kann ganz sicher kein menschlicher Chirurg.