T-Zellen können nicht nur die spezifischen Moleküle von Antigenen erkennen, sondern diese auch mechanisch erfühlen. Sie bedienen sich dazu sogenannter „Microvilli“. Das sind winzige Strukturen, die wie kleine Härchen aussehen, erklärte Gerhard Schütz, Leiter der Biophysik-Arbeitsgruppe am Institut für Angewandte Physik der Technischen Universität (TU) Wien in einer Aussendung.
Bei den gemeinsam mit Kollegen aus Deutschland und der Schweiz sowie der Medizinischen Universität Wien durchgeführten Untersuchungen zeigte sich, dass diese „Microvilli“ das Objekt umfassen können, ähnlich wie ein gekrümmter Finger einen Bleistift festhält. Der fingerartige Fortsatz kann aber auch zu einem langgezogenen Zylinder anwachsen, der sich über das festgehaltene Objekt stülpt.
Bei diesem Prozess treten winzige Kräfte in der Größenordnung von weniger als einem Nanonewton auf, so Schütz. Ein Nanonewton entspricht ungefähr der Gewichtskraft, die ein Wassertröpfchen mit einem Durchmesser von einem Zwanzigstelmillimeter auf eine Waage ausüben würde.
Mechanismen für Antigen-Erkennung
Um diese winzigen Kräfte zu messen, platzieren die Forscher eine T-Zelle in einem speziell entwickelten Gel zusammen mit winzigen Kügelchen, die an ihrer Oberfläche Moleküle tragen, auf die die T-Zelle reagiert. „Wenn wir den Widerstand kennen, den unser Gel den Kügelchen entgegensetzt, und genau messen, wie weit sie sich in unmittelbarer Umgebung zur T-Zelle bewegen, können wir ausrechnen, welche Kraft zwischen der T-Zelle und den Kügelchen wirkt“, erklärte Schütz.
Die Wissenschafter gehen davon aus, dass diese winzigen Kräfte und das Verhalten der „Microvilli“ für die Erkennung der Moleküle und somit für das Auslösen einer Immunreaktion von großer Bedeutung sind. Sie verweisen etwa auf Proteine, die unterschiedliches Verhalten zeigen, wenn sie durch mechanische Kräfte deformiert werden, oder wenn ganz einfach an Bindungen gezogen wird. „Solche Mechanismen dürften auch bei der Antigen-Erkennung eine Rolle spielen, und mit unseren Messmethoden lässt sich das nun erstmals genau untersuchen“, so Schütz.
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