Geriatriepatienten eine Stimme geben

Multimorbidität, komplexe Erkrankungen oder Demenz - die Herausforderungen in der Geriatrie sind groß. Hier Lösungswege aufzuzeigen, war das Anliegen bei einer Fachtagung vergangenen Dienstag. Im Fokus stand vor allem das Thema Vorsorgedialog, ein Instrument, das „Wünsche der Menschen für mögliche Krisensituationen im Krankheitsverlauf festhält“, so die Experten. Die Finanzierung dafür fehlt allerdings noch.

 

red/ek

Der Dachverband Hospiz Österreich hat gemeinsam mit dem Beirat Hospiz und Palliative Care (HPC) in der Grundversorgung zur Fachtagung „VSD Vorsorgedialog“ geladen. Gedacht ist dieser Vorsorgedialog als Instrument für mehr Selbstbestimmung von Geriatriepatientinnen und -patienten, und das für Ärztinnen und Ärzte, Pflegende und Patientinnen und Patienten gleichermaßen. Neben einer szenischen Darstellung eines solchen Gespräches  gab es Impulse von Sektionschef Pallinger (BMASGK), Einblicke in das Konzept und die Finanzierung ganzheitlicher Versorgungsplanung in Deutschland. Berichte aus einer zweijährigen Praxis in einem Heim und aus einer Begleitforschung zur Implementierung des VSD in der Steiermark sowie ein Expertengespräch ergänzen die Informationen. Noch fehlt allerdings die Entscheidung auf politischer Ebene, den zusätzlichen zeitlichen Aufwand für die Medizinerinnen und Mediziner sowie die Pflegekräfte auch zu finanzieren.

Waltraud Klasnic, Teilnehmerin an der Expertenrunde und u.a. Präsidentin des Dachverband Hospiz Österreich, betonte die Wichtigkeit der Wünsche und Bedürfnisse der Patientinnen und Patienten, wenn sich ihr Gesundheitszustand verschlechtert; mit ihnen auch zu besprechen, welche Maßnahmen (etwa Reanimation oder Krankenhauseinweisung) abgelehnt und befürwortet werden, wenn Krisensituationen auftauchen. Das soll der Vorsorgedialog abdecken. „Der Dachverband Hospiz Österreich hat daher gemeinsam mit dem Beirat HPC in der Grundversorgung und Praktikern ein Instrument entwickelt, um diese Wünsche der Menschen festzuhalten.“ so Klasnic.

Vorsorgedialog entspricht Patientenverfügung

Rein rechtlich gesehen ist dieser VSD Vorsorgedialog eine sonstige Patientenverfügung (§§ 8, Patientenverfügungs-Gesetz), wenn der Bewohner  zum Zeitpunkt der Erstellung entscheidungsfähig ist und dessen Unterschrift vorliegt. Außerdem ist der Vorsorgedialog im Erwachsenenschutzgesetz als Instrument erwähnt, das Menschen dabei unterstützt, selbstbestimmte Entscheidungen zu treffen (§239 Abs. 2ff., ABGB).

Michael Lang, Leiter des Geriatrie-Referats der Österreichischen Ärztekammer, weist auf einen wesentlichen Punkt hin: „Dieser Gesprächsprozess zwischen Patientinnen und Patienten, Ärztinnen und Ärzten, Pflegenden und falls gewünscht, auch Angehörigen und Vertrauenspersonen, wird nachvollziehbar dokumentiert. Damit wird für Situationen vorgesorgt, in denen die Patientinnen und Patienten ihren eigenen Willen nicht mehr äußern können. Betreuende, insbesondere Notärztinnen und Notärzte, können dann entsprechend diesem Willen handeln.“ „Im Mittelpunkt des Gesprächs steht immer der Wille der BewohnerInnen.“, betont Hilde Menner, BAG Langzeit-Pflege-Management.

Eine Evaluierung des VSD in den Alten- und Pflegeheimen läuft von 2017 bis 2020. Erste Ergebnisse zeigen, dass die Bewohner dieses Gesprächsangebot sehr gerne annehmen, bis zu 90 Prozent der Befragten meinen, dass das Gespräch und dessen Dokumentation große Erleichterung bringen.