In Syrien sind bei dem schwersten Cholera-Ausbruch seit mehr als zehn Jahren bereits 39 Menschen an der Krankheit gestorben. In elf der 14 Regionen des Landes wurden seit Ende des vergangenen Monats insgesamt 584 Fälle der Krankheit festgestellt, wie das Gesundheitsministerium am Dienstagabend erklärte. Die Situation entwickele sich in den betroffenen Gebieten auf „alarmierende Weise“, warnte die Weltgesundheitsorganisation (WHO).
Die meisten Toten wurden in der nördlichen Region Aleppo gezählt. Zunächst war nicht klar, ob die Todesfälle in der Gesamtzahl der Krankheitsfälle enthalten waren. Die extrem ansteckende Infektion wird in der Regel durch verunreinigte Lebensmittel oder Wasser übertragen und führt zu Durchfall und Erbrechen. Die Krankheit kann sich in Wohngebieten ausbreiten, in denen es keine funktionierende Kanalisation und Trinkwasserversorgung gibt. Nach jahrelangem Krieg sind in Syrien nach UN-Angaben fast zwei Drittel der Wasseraufbereitungsanlagen, die Hälfte der Pumpstationen und ein Drittel der Wassertürme beschädigt.
Schmutziges Euphrat-Wasser
Auslöser des jüngsten Cholera-Ausbruchs ist vermutlich das verunreinigte Wasser des Euphrat, auf das laut UNO mehr als 18 Millionen Menschen in dem Land als Trinkwasserquelle angewiesen sind. Niedrigwasser aufgrund von Dürre und von der Türkei gebauten Staudämmen haben das Problem noch verschärft. Der Ausbruch ist umso alarmierender, da zahlreiche Syrer in Flüchtlingslagern leben - unter miserablen hygienischen Bedingungen und ohne Zugang zu sauberem Wasser.
Weltweit 40.000 neue Fälle
Die Europäische Gesundheitsbehörde (ECDC) berichtete Mitte September von knapp 40.000 neu gemeldeten Fällen innerhalb eines Monats weltweit. Die WHO rechnet mit einer hohen Dunkelziffer, weil aus vielen Regionen keine verlässlichen Zahlen vorliegen.
Die Entwicklung sei besorgniserregend, sagte Tedros. Es gebe nicht nur mehr Ausbrüche, sondern es kämen dabei auch mehr Menschen um. Die Todesrate sei in diesem Jahr fast dreimal so hoch wie im Durchschnitt der vergangenen fünf Jahre. Cholera breite sich aus, wo Armut und Konflikte herrschten und Menschen mit den Folgen des Klimawandels zu kämpfen hätten, sagte Tedros.
WHO: Impfstoffproduktion muss angekurbelt werden
Cholera ist eine durch Bakterien ausgelöste Durchfallerkrankung, die zu schwerem Flüssigkeitsverlust führt. Die Ansteckung erfolgt meist durch Trinkwasser, das mit Fäkalien oder Erbrochenem von Kranken verseucht ist. Ohne medizinische Versorgung können Menschen innerhalb weniger Stunden sterben. Bei Flüssigkeitszufuhr ist die Überlebenschance groß. „Die Realität ist aber, dass viele Menschen keinen Zugang zu so simplen Interventionen haben“, sagte Tedros.
Die WHO habe 2013 ein Notlager für Cholera-Impfstoffe eingerichtet. Das Material reiche aber nicht. „Wir rufen die führenden Impfstoffhersteller auf, mit uns darüber zu sprechen, wie wir die Impfstoffproduktion ankurbeln können“, so Tedros.