Gesundheitspersonal

Peer-Support als Werkzeug gegen Fluktuation

Angesichts des herrschenden Personalmangels dürfe das Gesundheitssystem nicht riskieren, dass sich Ärzte oder Pflegekräfte aus ihrem Beruf verabschieden, weil sie sich nicht genug unterstützt fühlen. Das sei „unnötige Verschwendung von Ressourcen“, warnte der Gesundheitspsychologe Clemens Hausmann. Er schlägt ein niederschwelliges Peer-Support-System vor, um Beschäftigte trotz belastender Situationen stärker im Job zu halten.

red/Agenturen

Am Kardinal Schwarzenberg Klinikum in Schwarzach, wo Hausmann tätig ist, bewähre sich die Unterstützung in Krisensituationen und führe zu geringerer Personalfluktuation, berichtet Hausmann. In dem Krankenhaus mit rund 500 Betten und 1.450 Beschäftigten gibt es das Modell der „KrisenIntervention für MitArbeiter“ (KIMA) seit 2013. Es setzt in schwierigen Situationen auf strukturierte Entlastungsgespräche mit ausgebildeten Kolleginnen oder Kollegen. Wird mehr Unterstützung benötigt, gibt es das Angebot einer telefonischen Helpline sowie einer Traumatherapie.

Wie geht es dir?, Was ist passiert?, Wie geht es weiter? - Das sind die drei Fragen, die im Entlastungsgespräch gestellt werden. „Die Betroffenen werden wieder handlungsfähig, es ist der Beginn der Bewältigung der Erfahrung“, beschreibt Hausmann die entlastende Wirkung solcher Gespräche. In Schwarzach wurden bisher 350 bis 400 Beschäftigte geschult, um solche Gespräche führen zu können. Auch im Zuge der Krankenpflegeausbildung wird KIMA vermittelt.

Innere Kündigung führt mittlerweile rasch zu echter Kündigung

„In den allermeisten Fällen reicht das Entlastungsgespräch“, weiß Hausmann aus Erfahrung. Durch das Reden bleibe das Erlebnis begrenzt und führe nicht zu einem generellen Frust, an dessen Ende möglicherweise die Kündigung steht. Allein die Tatsache, dass es im Fall der Fälle eine Unterstützung gibt, führe zu einer stärkeren Bindung an den Arbeitgeber, betonte der Psychologe: „Es gibt das Gefühl, nicht allein gelassen zu werden.“

Mehr Menschen für Gesundheitsberufe zu gewinnen und auszubilden, sei eine Sache, sagte der Gesundheitspsychologe. Viel wichtiger wäre es aber, das vorhandene Personal in den Krankenhäusern zu halten. Früher seien unzufriedene Mitarbeiter in die innere Kündigung gegangen. „Heute führt die innere Kündigung sehr rasch zur echten Kündigung. Die Menschen wissen, dass sie schnell etwas anderes finden.“

Für den Psychologen sind darüber hinaus neben einer angemessenen Bezahlung auch weitere Faktoren spielentscheidend, wenn es darum geht, Personal im Gesundheitsbereich zu halten: Hausmann nennt dabei einen Führungsstil, der das Wir-Gefühl stärkt, sowie echte Wertschätzung und Anerkennung als Beispiele. Wichtig seien auch planbare Arbeitszeiten und eine faire Verteilung der Belastungen.

 

Hände
Wie geht es dir? Was ist passiert? Wie geht es weiter? - Das sind die drei Fragen, die in einem so genannten Entlastungsgespräch gestellt werden.
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