Gynäkologie

Wenn die „Spirale“ bricht

Fehlerhafte und gebrochene „Spiralen“, gar teilweise im Uterus verbliebene Stücke, sorgten in den vergangenen Monaten medial immer wieder für Aufsehen und für Beunruhigung unter den betroffenen Frauen. medinlive hat nachgefragt, was grundsätzlich beim Setzen eines Intrauterinpessares zu beachten ist, was bei Komplikationen aus medizinischer Sicht problematisch ist und was Frauen, denen die so genannte Spirale gebrochen ist, beachten sollten.

Eva Kaiserseder

medinlive: Verhütungsspiralen, die brechen und partiell im Körper verbleiben: Was bedeutet das aus medizinischer Sicht für die betroffenen Frauen?

Andreas Brunner: In den meisten Fällen besteht unmittelbar keine Gefahr für die betroffene Frau, wenn ein Teil zurückbleibt. Das Risiko, dass eine Entzündung entsteht, ist sehr gering. Falls eine Schwangerschaft geplant ist, ist der verbleibende Teil aber durch eine kurze Operation (operative Hysteroskopie) zu entfernen.

medinlive: Wenn nur ein Teil der Spirale spontan ausgestoßen wird, wie soll man als Betroffene weiter vorgehen?

Brunner: Dass Teilstücke spontan ausgestoßen werden, ist relativ selten. Falls der Ärztin oder dem Arzt bei der Entfernung der Spirale auffällt, dass ein Teil fehlt, kann man zumeist im Ultraschall feststellen, wo sich das abgebrochene Teilstück befindet. Nach entsprechender Aufklärung sollte eine operative Hysteroskopie empfohlen werden, um das Teilstück, zumeist ein „Ärmchen“ zu bergen.

medinlive: Was sagt die Studienlage zu derartigen Fällen? Können etwa durch scharfkantige Plastikteile Verletzungen der Gebärmutter passieren?

Brunner: Die Intrauterinpessare, von denen es sehr viele Arten und Formen gibt, sind so konzipiert, dass sie über Jahre in der Gebärmutterhöhle liegen. Scharfkantige Formen bestehen de facto nicht, insofern sind Schnitt- oder Risswunden sehr selten.

medinlive: Wenn mittels auch bildgebender Diagnostik Teile noch in utero vermutet werden, aber nicht auffindbar sind: Wie ist das weitere Vorgehen? Bei Beschwerdefreiheit watch and wait oder soll man andere Wege gehen?

Brunner: Bei unklaren Verhältnissen findet die weitere Diagnostik mittels Hysteroskopie bzw. Laparoskopie in Allgemeinanästhesie statt. Bei Beschwerdefreiheit und der Tatsache, dass man das fehlende Teilstück mit konventionellen Maßnahmen nicht auffindet, ist auch ein Zuwarten ohne Intervention möglich. Das Verbleiben von Fremdmaterial im Körper ist in der Medizin grundsätzlich verbreitet (Gelenksersatz, Gefäßimplantat, Eileiterclips etc.).

medinlive: Was kann im schlimmsten Fall aus medizinischer Sicht passieren?

Brunner: Die grundsätzlichen Komplikationen der Verhütung mit Spiralen sind definiert durch das erhöhte Risiko einer Entzündung in der Gebärmutter und den dazugehörigen Eileitern (1 Prozent in den ersten 20 Tagen; 0,5 Prozent in den ersten 3 bis 6 Monaten), die vorzeitige Ausstoßung (3-6 Prozent im ersten Jahr), Verhütungsversager (0,1-0,6 Prozent im ersten Jahr inklusive erhöhtem Risiko einer Eileiterschwangerschaft), Verletzungen/Perforation der Gebärmutterhöhle beim Einsetzten (0,01 Prozent) sowie dem verändertem Blutungsverhalten, das zur Unzufriedenheit mit der Art der Verhütungsmethode führt und dem daraus folgenden Wunsch die Spirale wieder zu entfernen.

medinlive: Wie sollen Frauen, die eine gebrochene Spirale haben und noch im Körper befindliche Teile vermuten, das Thema Verhütung händeln?

Brunner: Diese Frage ist individuell zu beantworten und mit der Ärztin oder dem Arzt seines Vertrauens im Detail zu besprechen. Das Thema Verhütung bzw. Familienplanung hängt von vielen persönlichen Faktoren ab, die einzelnen Alternativen sind von jedem Paar sorgfältig gegeneinander abzuwägen.

 

 

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Andreas Brunner
Primar Andreas Brunner ist Facharzt für Frauenheilkunde & Geburtshilfe und Leiter der Abteilung für Gynäkologie und Geburtshilfe des Landesklinikums Baden-Mödling.
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„Scharfkantige Formen bestehen de facto nicht, insofern sind Schnitt- oder Risswunden sehr selten."