Gesundheit

Wiener Ärztekammer gegen Ambulanzgebühren

Die Forderung aus der Angestellten-Kurie der Österreichischen Ärztekammer (ÖÄK) nach einer Rückkehr der Ambulanzgebühr stößt auf Widerstand. Gesundheitsminister Johannes Rauch lehnte den Vorstoß am Mittwoch brüsk ab: Er halte davon „gar nichts“. Der aktuelle Vizeobmann und Arbeitnehmervertreter in der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK), Andreas Huss, reagierte am Mittwoch ebenso verärgert wie Barbara Teiber, Vorsitzende der Gewerkschaft GPA.

red/Agenturen

Die Bundes-Ärztekammer selbst wies darauf hin, dass nicht sie selbst dies verlange, sondern bisher nur die Kurie. Und aus der Ärztekammer für Wien kam offener Widerstand. „Es kann nicht sein, dass man Patient:innen dafür bestraft, dass die Lenkung von Patientenströmen im österreichischen Gesundheitswesen nicht ausreichend funktioniert“, sagte Stefan Ferenci, geschäftsführender Vizepräsident und Obmann der Kurie angestellte Ärzte der Ärztekammer Wien, in einer Aussendung.

Ausgegangen war die Debatte tatsächlich nur von Harald Mayer, zweiter Vizepräsident der ÖAK und Obmann der Bundeskurie für angestellte Ärzte. Er forderte in der „Presse“ einen „Vollkostenersatz“ - ohne Ausnahmen, sofern sich die Patient:innen nicht an einen vorgegebenen „Pfad“ halten. Wer nicht ein entsprechendes Schreiben eines Haus- oder Facharztes bzw. der Gesundheitshotline vorweisen kann, soll nach Vorstellungen Mayers sämtliche in einer Spitalsambulanz anfallenden Kosten - das kann bis zu mehreren tausend Euro gehen - für Untersuchungen und Behandlungen selbst bezahlen, und das ohne Deckelung.

Gesundheitsminister Rauch erklärte Mittwochvormittag am Rande des Ministerrats, dass es eine Rückkehr der Ambulanzgebühr mit ihm nicht geben werde: „Das kommt überhaupt nicht in Frage.“

GPA-Chefin Teiber, die auch Mitglied des ÖGK-Verwaltungsrats ist, lehnte das am Mittwoch vehement ab. „Die Ärztekammer, die sonst jede Weiterentwicklung des Gesundheitssystems blockiert, verlangt jetzt hohe Ambulanzgebühren, um Patient:innen zu bestrafen. Das ist an Chuzpe kaum zu überbieten“, meinte sie in einer Aussendung und attestierte der Kammer, amerikanische Zustände herbeizusehnen. Natürlich müssten Patientenströme besser gesteuert werden, Strafen seien aber der völlig falsche Weg.

Ähnlich ablehnend zeigte sich auch Huss. „Die Ambulanzgebühr ist schon einmal gescheitert, auch diesmal ist das Scheitern vorprogrammiert“, erklärte er. Stattdessen sollte man den Menschen gute Versorgungsangebote in Primärversorgungszentren mit klaren Patientenwegen offerieren und generell die niedergelassene/ambulante Versorgung so auszubauen, dass sie für die Menschen eine attraktive Alternative zu Spitalsambulanzen darstelle. SPÖ-Gesundheitssprecher Philip Kucher äußerte sich ähnlich und ortete eine Idee aus der „Mottenkiste“.

Auch Burgenlands Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ), aktuell Vorsitzender der Landeshauptleute, sah eine „völlig falsche Debatte, noch dazu zur Unzeit“. Man sollte endlich das Problem der Zwei-Klassen-Medizin an der Wurzel packen und gesetzliche Maßnahmen dagegen setzen, meinte er zur APA. Österreichweit habe man das Problem zu weniger bzw. unbesetzter Kassenstellen bei einem gleichzeitigen rasanten Anstieg von Wahlarztpraxen, erinnerte er. „Jetzt noch den Zugang zu Ambulanzen mit Kostenhürden zu versehen, nimmt vielen Menschen eine Versorgungsoption und löst das Problem nicht.“ In Wirklichkeit komme das in vielen Regionen einer indirekten Wahlarzt-Pflicht gleich, findet Doskozil. „Das lehne ich strikt ab.“ Notwendig wären stattdessen eine Neuregelung der Ärzteausbildung, eine gesetzliche Sicherstellung der ärztlichen Bereitschaftsdienste und eine nachhaltige Klärung der Spitalsfinanzierung im Zuge des Finanzausgleichs, die auch zur notwendigen Entlastung der Ambulanzen führen müsse.

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