Krebsforschung
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Krankheitsform mit besonders guter Prognose identifiziert

Das Medulloblastom ist gut heilbar. Aggressive Therapie verursacht allerdings oft erhebliche Spätfolgen. Nun wurde eine Erkrankungsvariante identifiziert, die weniger aggressive Methoden braucht.

red

Forscher der Universität Bonn haben nun zusammen mit Kollegen aus England, Frankreich und Schweden eine Form der Erkrankung identifiziert, die besonders gute Heilungschancen aufweist. Rund 20 Prozent der Betroffenen könnten nach Schätzungen unter dieser Variante leiden. Die Studie wurde im „Lancet oncology“ publiziert.

„Durch die intensive Therapie wird das sich noch in der Entwicklung befindliche Gehirn oft irreparabel geschädigt“, erklärt Torsten Pietsch vom Institut für Neuropathologie der Universität Bonn. „Als Spätfolge leiden die überlebenden Patienten oft lebenslang unter der Beeinträchtigung ihrer kognitiven Leistungsfähigkeit.“

Krebsart mit unterschiedlichen Varianten

Es handelt sich beim Medulloblastom um eine Gruppe unterschiedlicher Krebsarten. Die seltene knotenförmige Variant, die insbesondere Kleinkinder betrifft, benötigt meist keine Strahlentherapie. Inzwischen hat man noch eine Gruppe älterer Kinder identifiziert, die ebenfalls eine sehr gute Prognose hat. Auch bei ihr kann die Intensität der Therapie möglicherweise verringert werden. Sie macht etwa 10 Prozent aller Erkrankten aus.

„Beim großen Rest – immerhin mehr als 80 Prozent – war es bisher dagegen nicht möglich, das Ansprechen auf die Therapie vorherzusagen“, sagt Pietsch. „Daher sind in diesen Fällen eine intensive Bestrahlung und Chemotherapie nach dem aktuellen Forschungsstand unverzichtbar.“

Fast 100 Prozent Heilungschance

Künftig ändert sich das aber eventuell: Die Forscher haben eine Erkrankungsvariante identifiziert, die besonders gute Heilungschancen aufweist. „Wir haben in einem Teil der Tumoren charakteristische Veränderungen in der Anzahl der Chromosomen gefunden“, erklärt Tobias Goschzik vom Institut für Neuropathologie. Menschliche Zellen enthalten normalerweise 23 Chromosomen, und zwar jedes von ihnen doppelt. Zusammen enthalten sie die komplette Erbinformation. In den Tumorzellen lag eines von ihnen – das Chromosom 7 – häufig gleich dreifach vor. Von zwei anderen – den Chromosomen 8 und 11 – gab es dagegen oft nur eine Version.

Das Interessante daran: Erkrankte mit diesen chromosomalen Auffälligkeiten ließen sich mit Hilfe der Standardtherapie zu fast 100 Prozent heilen. Bei den restlichen Betroffenen lag die Heilungschance dagegen nur bei 64 Prozent. „Möglicherweise bedeutet das, dass man Patienten mit diesem Typus eines Medulloblastoms weniger aggressiv therapieren kann“, hofft Pietsch. „Ob das stimmt, muss sich allerdings zunächst noch in Behandlungs-Studien zeigen.“

In der Studie konnten die Tumoren von insgesamt 136 Kindern und Jugendlichen untersucht werden. Ausgeschlossen waren Betroffene, die an einer besonders aggressiven Form der Erkrankung litten. In einem nächsten Schritt wollen die Wissenschaftler nun untersuchen, warum Tumoren mit einer veränderten Chromosomenzahl so viel besser auf die Therapie ansprechen.

Pietsch Gorzcik Universität Bonn
Torsten Pietsch (links) und Tobias Goschzik (rechts) vom Institut für Neuropathologie der Universität Bonn.
Brabara Frommann_Universität Bonn
 
© medinlive | 19.04.2024 | Link: https://www.medinlive.at/index.php/wissenschaft/krankheitsform-mit-besonders-guter-prognose-identifiziert