Ärztefunkdienst
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„Epidemieverlauf in Wien hätte dreimal so heftig sein können!"

Auf Basis einer aktuellen Studie des „Complex Science Hub“ (CSH) zur Wirksamkeit des Ärztefunkdiensts in Wien lassen sich jetzt auch Rückschlüsse auf die Wiener Spitäler schließen. So waren die Krankenhäuser über die gesamte Krise hinweg „bestens vorbereitet“, resümiert der Obmann der Kurie angestellte Ärzte und Vizepräsident der Ärztekammer für Wien, Wolfgang Weismüller. Und: „Unsere Berechnungen ergeben, dass ohne die aufsuchenden Fahrten des Ärztefunkdienstes der Epidemieverlauf in Wien fast dreimal so heftig hätte gewesen sein können, wie er tatsächlich war.“ so die Studienautoren.

red

Im Zeitraum vom 8. März bis 27. April 2020 wurden in Wien vom Ärztefunkdienst 1.436 positive Fälle gefunden, das entspricht ca. 60 Prozent aller Fälle in Wien. Im Best-Case-Szenario geht die Studie davon aus, dass ohne die Fahrten in Wien 3.900 Fälle von Covid-19 statt der tatsächlichen 2.400 Fälle aufgetreten wären. Damit wären am Höhepunkt der Infektionswelle bis zu 300 Patientinnen und Patienten im Spital gelegen, 60 davon auf der Intensivstation. Tatsächlich waren es ca. 200 Personen, 45 davon auf der Intensivstation. Außerdem wäre mit etwa 180 Todesopfern statt der beobachteten 106 Sterbefälle zu rechnen gewesen.

Im Worst Case hätte es den CSH-Berechnungen zufolge in Wien bis zu 6.700 Covid-19-Fälle gegeben. Dann wären am Höhepunkt der Infektionswelle 530 Patientinnen und Patienten gleichzeitig im Spital gewesen, mehr als 100 davon auf der Intensivstation. Bis zu 310 Todesopfer wären möglich gewesen. „Unsere Simulationen zeigen daher deutlich, dass die Fahrten des Ärztefunkdienstes eine erhebliche präventive Wirkung entfaltet haben.“ so die Studienautoren Peter Klimek und Stefan Thurnher.

So erreichte der Intensivbelag seinen Höhepunkt zwischen Ende März und Mitte April mit ungefähr 45 belegten Betten. Ohne die Tätigkeiten des Ärztefunkdiensts wäre gemäß Studie dieser Höhepunkt vermutlich erst in der zweiten Aprilhälfte eingetreten, bei mindestens 60 und möglicherweise mehr als 100 belegten Intensivbetten, je nach berechnetem Best oder Worst-Case-Szenario. „Wir sehen also, dass wir genügend Kapazitäten zur Verfügung hatten, um auch bei einer Verschlechterung der Lage noch ausreichend medizinische Hilfe leisten zu können. Voraussetzung dafür war aber die Tätigkeit des Ärztefunkdienstes, die viele Kapazitäten in den Spitälern freigehalten hatte“, erklärt Weismüller.

„Perfektes Zusammenspiel aus intra- und extramuralem Bereich“

Für Weismüller ist es „erfreulich“, dass der intra- und extramurale Bereich in Wien so perfekt zusammengespielt haben. „Gleichzeitig dürfen wir nun nicht den Fehler begehen, zu glauben, dass wir eine Überversorgung in der Bundeshauptstadt haben“, warnt Weismüller.

Ärztekammerpräsident Thomas Szekeres bedankt sich im Zuge der Ergebnisse der Studie ebenfalls bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Ärztefunkdienstes für die hervorragende Arbeit und Organisation. „Außerdem bedanke ich mich bei der Stadt Wien für die Initiative, insbesondere bei Prof. Michael Binder, dem ärztlichen Leiter des Wiener Krankenanstaltenverbunds, der die Idee zum Home Sampling hatte und dem Gesundheitsstadtrat Peter Hacker, der rasch für die Umsetzung und Bezahlung gesorgt hatte“, so Szekeres weiter.

Im Vergleich zu vielen anderen europäischen Hauptstädten ist Wien bisher mit relativ niedrigen Infektionszahlen durch die COVID-19-Pandemie gekommen. Am 12. Mai wies etwa Madrid ca. 65.000 bestätigte Fälle bei 6,7 Millionen Einwohnern aus (9,7 Fälle pro tausend Personen), London 18.000 Fälle bei 8,9 Millionen Einwohnern (2,0 Fälle pro tausend), Berlin 6.274 Fälle bei 3,8 Millionen (1,7 Fälle pro tausend) und Zürich 3.600 Fälle bei 0,4 Millionen Einwohnern (8 Fälle pro tausend. Wien verzeichnete zum selben Zeitpunkt ca. 2.800 positiv Getestete bei 1,9 Millionen Einwohnern, was 1,5 Fällen pro tausend Einwohnern entspricht. 

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Der Mitarbeiterstab des Ärztefunkdiensts wurde für die aktuelle Corona-Welle erweitert.
Ärztekammer für Wien/StefanSeelig
 
© medinlive | 16.04.2024 | Link: https://www.medinlive.at/index.php/gesundheitspolitik/epidemieverlauf-wien-haette-dreimal-so-heftig-sein-koennen