„Leute rufen regelmäßig - teilweise sogar mit Klarnamen - zu meiner Ermordung auf.“ Er werde deswegen besonders gut geschützt. „Die österreichische Kollegin dagegen musste den Schutz selbst bezahlen und konnte sich das nicht mehr leisten.“ Er verachte und verabscheue die Hetzer im Netz, die diese Frau in den Tod getrieben hätten.
Der Präsident der deutschen Bundesärztekammer, Klaus Reinhardt, meinte in der „Welt“, der Tod der Ärztin führe „drastisch vor Augen, wohin die Verrohung des gesellschaftlichen Klimas führen kann". Auch in Deutschland sinke die Hemmschwelle. Ärztinnen und Ärzte erhielten Drohbriefe, würden verbal und körperlich angegriffen.
„Die Polizei muss angesichts der besorgniserregenden Zunahme digitaler Straftaten zügig handeln“, forderte Jörg Radek, stellvertretender Bundesvorsitzender der Gewerkschaft der Polizei, in der Zeitung. Es fehle aber an entsprechenden Ressourcen, personell wie bei der Ausstattung.
Deutsche Politiker nach Kellermayr-Fall bestürzt
Die SPD-Vorsitzende Saskia Esken rief die Menschen dazu auf, Opfern von psychischer Gewalt beizustehen. Gerade Frauen seien häufig betroffen, sagte sie dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). „Im Kampf gegen diese Form der Gewalt müssen wir noch durchsetzungsfähiger werden."
Grünen-Fraktionsvize Konstantin von Notz forderte in der „Rheinischen Post“ (Mittwoch) eine bessere Ausstattung der Ermittlungsbehörden in Deutschland. Unionsfraktionsvize Andrea Lindholz sprach sich in der Zeitung für mehr Befugnisse im digitalen Raum aus. „Mit der Beschränkung der Sicherheitsbehörden auf das Abhören von Festnetztelefonaten wird man der Lebensrealität im Jahr 2022 einfach nicht gerecht“, kritisierte die CSU-Politikerin.
Gast in deutschen Talkshows
Die deutschen Entertainer Joko Winterscheidt (43) und Klaas Heufer-Umlauf (38) haben an die österreichische Ärztin Lisa-Maria Kellermayr erinnert, die am Freitag Suizid beging. Die beiden widmeten ihre ProSieben-Sendung „Wer stiehlt mir die Show?“ ihrer „langjährigen Wegbegleiterin“, wie es zum Beginn der Show am Dienstagabend hieß.
Die Ärztin sei oft Gast in den Sendungen von Joko und Klaas gewesen, hieß es in dem auch bei Instagram veröffentlichten Beitrag der beiden Entertainer. Während der Corona-Pandemie sei sie engagiert „für die Notwendigkeit der Impfung“ eingetreten und somit ins Visier von radikalen Corona-Leugnern und sogenannten Querdenkern geraten.
Kellermayr habe „regelmäßig explizite und detaillierte Morddrohungen“ erhalten und der Betrieb ihrer Praxis sei immer wieder gestört worden. Ihr Ruf nach Hilfe sei „bei den zuständigen Behörden auf Unverständnis und Untätigkeit“ gestoßen, hieß es weiter in dem Beitrag. Die Polizei in Österreich hatte sich gegen Vorwürfe gewehrt, zu lax reagiert zu haben.
„Dr. Lisa-Maria Kellermayr war oft zu Gast in unseren Sendungen, kannte jede unserer Shows und nahm sich Urlaub, um unsere Produktionen besuchen zu können. Urlaub von ihrem Beruf als Ärztin in Österreich. Während der Covid-19-Pandemie tritt sie engagiert für die Notwendigkeit der Impfung ein ... und gerät damit ins Visier von radikalen Coronaleugnern und 'Querdenkern'“, hieß es in dem Gedenktext.
„In den folgenden Wochen und Monaten erhält Lisa regelmäßig explizite und detaillierte Morddrohungen. Immer wieder wird der Betrieb ihrer Praxis gestört. Lisas Ruf nach Hilfe stößt bei den zuständigen Behörden auf Unverständnis und Untätigkeit. Im Juni dieses Jahres muss Lisa aufgrund der zunehmenden Bedrohung ihre Praxis schließen. Sie fühlt sich alleine gelassen - und ist es auch. Am 29. Juli 2022 findet man Lisa tot in ihrer Praxis. (...) Wir trauern um Dr. Lisa-Marie Kellermayr. Danke für deine Treue. Danke für deinen Applaus. Danke für dein Engagement."
Die österreichische Medizinerin hatte sich für Corona-Impfungen engagiert und war nach eigenen Angaben monatelang massiv von Impfgegnern unter Druck gesetzt worden. Am Freitag wurde bekannt, dass sie tot in ihrer Praxis in Oberösterreich gefunden worden war. Ein Mann aus Oberbayern wird einem Medienbericht zufolge verdächtigt, der 36 Jahre alten Medizinerin in Mails mit Folter und Mord gedroht zu haben. Die Münchner Staatsanwaltschaft leitete ein Ermittlungsverfahren ein.