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Fall Kellermayr

Staatsanwaltschaft Wels ermittelt wieder

Die Staatsanwaltschaft Wels hat am Donnerstag im Fall Lisa-Maria Kellermayr die Ermittlungen gegen die Verfasser der Morddrohungen in sozialen Medien wieder aufgenommen. Die „inländische Gerichtsbarkeit“ sei wieder gegeben, bestätigte der Leitende Staatsanwalt Christian Hubmer einen Bericht in den „OÖN“ am Freitag. Man arbeite nun mit den neuen deutschen Anklagebehörden zusammen.

red/Agenturen

Nachdem sich Tatort und Verdächtige in Deutschland befinden, sei die territoriale Zuständigkeit ursprünglich nicht mehr gegeben gewesen. Daher wurden die Ermittlungen nach Berlin und München abgetreten. Mit dem Suizid der 36-jährigen Hausärztin in Oberösterreich haben sich die Zuständigkeiten geändert, weshalb seit Donnerstag die Staatsanwaltschaft Wels die Ermittlungen gegen namentlich bekannte Verdächtige wieder aufgenommen habe, so Hubmer. Man habe bereits aus Deutschland „den dortigen Verfahrensstand abgerufen“. In München hat sich inzwischen die Generalstaatsanwaltschaft des Falls angenommen, diese ist für die Bekämpfung von Extremismus zuständig.

Der frühere Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) beklagte im Gespräch mit dem Nachrichtenmagazin „Profil“ (Online-Ausgabe) am Freitag, dass in der Gesellschaft immer noch das Bewusstsein fehle, „dass anonyme Drohungen genauso große Ängste auslösen können wie direkte Beschimpfungen oder Drohungen auf der Straße. Das dürfen wir nicht mehr länger als reines Dampfablassen am virtuellen Stammtisch bagatellisieren“. Auch auf staatlicher Ebene entwickle sich dieses Bewusstsein erst.

Mückstein, der bereits bei seinem Rücktritt im März von täglichen Drohungen gegen sich und seine Familie berichtet hatte, schilderte massive Sicherheitsmaßnahmen in seiner Amtszeit: „Ich stand vier Monate lang unter Polizeischutz. Untertags durch zwei Polizisten, in der Nacht stand einer vor meiner Türe. Auch vor dem Haus meiner Töchter“, eine schusssichere Weste sei immer mitgeführt worden. „Letztlich kann man nicht einschätzen, wie groß diese Bedrohung wirklich ist, selbst wenn man - wie ich damals - auf die Experten des Staatsschutzes vertrauen konnte. Dieser Restunsicherheit, ob der eigenen Familie etwas passiert, das war für mich ein zu hoher Preis.“

Frauenhäuser: Behörden würden durch Victim Blaming Martyrium fortführen

Mittlerweile hätten die Drohungen nachgelassen, aber Zuschriften wie „Wir haben Sie nicht vergessen!“ würden nach wie vor ins Haus flattern. Dennoch - ab Herbst will er wieder als praktischer Arzt tätig sein. Auf die Frage, was bei Ermittlungen gegen mutmaßliche Bedroher herausgekommen ist, meinte er: „Ich wurde vom Staatsschutz in rund zwölf Fällen gefragt, ob ich einer Strafverfolgung zustimme. Ich habe in der Regel zugestimmt." In zwei Fällen sei er über die Einstellung des Verfahrens informiert worden, „von den restlichen Fällen habe ich nichts mehr gehört“.

Der Verein Autonome Österreichische Frauenhäuser kritisierte in einer Aussendung, dass viele Frauen in Österreich von Behörden „völlig in Stich gelassen, nicht ernst genommen, abgewiesen, falsch informiert oder sogar angeschrien, wenn sie eine polizeiliche Anzeige erstatten wollen. Zu viele Anzeigen werden von der Staatsanwaltschaft eingestellt, gefährliche Täter werden noch viel zu wenig in U-Haft genommen, die Verfahren dauern lange“, heißt es darin. Behörden, die eigentlich verpflichtet wären, Gewalt zu stoppen, stattdessen würde das Martyrium der Betroffenen „durch permanentes, unerträgliches Victim Blaming und Opfer-Täter-Umkehr, die täglich stattfindet“ noch verlängert.

Sie sind in einer verzweifelten Lebenssituation und brauchen Hilfe? Sprechen Sie mit anderen Menschen darüber. Hilfsangebote für Personen mit Suizidgedanken und deren Angehörige bietet das Suizidpräventionsportal des Gesundheitsministeriums. Unter en sich Kontaktdaten von Hilfseinrichtungen in Österreich. Infos für Jugendliche gibt es unter www.bittelebe.at