PRO-GE

Wenig Auswirkung von EU-Mindestlohnrichtlinie auf Österreich

Diesen Herbst tritt die EU-Richtlinie für angemessene Mindestlöhne in Kraft. Im Fokus der Richtlinie steht die Stärkung von Kollektivverträgen in den Mitgliedsstaaten der EU. Laut der Gewerkschaft PRO-GE ergibt sich für Österreich durch die Richtlinie kein direkter Handlungsbedarf. Sie könnte aber dafür sorgen, das Lohngefälle zwischen West- und Osteuropa zu reduzieren. Die Unterschiede bei Mindestlöhnen zwischen den Ländern sind teilweise beträchtlich.

red/Agenturen

21 der 27 EU-Mitgliedsstaaten verfügen derzeit über eine gesetzliche Mindestlohnregelung. Die Mindestlöhne in westeuropäischen Ländern sind teils mehr als doppelt so hoch wie in osteuropäischen Ländern. Mit Ausnahme von Spanien und Portugal liegen sie in westeuropäischen Ländern jeweils über 10 Euro brutto pro Stunde. In Osteuropa hingegen überschreitet der Mindestlohn in keinem Land 4,50 Euro brutto pro Stunde. Das Land mit dem höchsten Mindestlohn ist Luxemburg, hier erhalten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mindestens 13,05 Euro brutto pro Stunde. In Bulgarien sind die Mindestlöhne mit rund 1,87 pro Stunde am niedrigsten.

In Österreich, Italien, Zypern, und den skandinavischen Mitgliedsstaaten gilt kein allgemeiner gesetzlicher Mindestlohn. In Ländern wie Österreich ist der Mindestlohn in vielen Branchen durch Kollektiv- bzw. Tarifverträge geregelt. Diese Verträge werden von Vertretern der Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite ausgehandelt und enthalten Regelungen zu Löhnen und Arbeitsbedingungen in den jeweiligen Branchen. Der „Mindestlohn“ kann darum je nach Branche unterschiedlich hoch ausfallen, die Lohnuntergrenze beläuft sich aber in der Regel auf mindestens 8,65 Euro brutto pro Stunde.

Mit Ausnahme von Zypern weisen die Länder ohne gesetzlichen Mindestlohn eine Kollektivvertragsabdeckung von über 80 Prozent auf. Die Kollektiv- oder Tarifvertragsabdeckung beschriebt den Anteil der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, die in einem Land unter Tarif-, bzw. Kollektivverträge fallen. Zudem ist er ein Indikator für das Ausmaß, wie sehr die Beschäftigungsbedingungen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer durch (meist jährliche) Tarifverhandlungen beeinflusst werden.

Österreich im Spitzenfeld, Italien vorne

Österreich liegt dabei mit einer Abdeckung von rund 98 Prozent im europäischen Spitzenfeld. Am höchsten ist die Rate im Nachbarland Italien, hier liegt sie bei 100 Prozent. Schlusslicht im europäischen Vergleich ist Litauen mit acht Prozent.

Laut der Gewerkschaft PRO-GE ergibt sich für Österreich aus der EU-Mindestlohnrichtlinie aufgrund der hohen KV-Abdeckung kein direkter Änderungsbedarf. Man erwarte aber eine Reduktion der Lohnkluft zwischen Ost- und Westeuropa. Eine Reduktion des Lohngefälles würde sich laut PRO-GE auch positiv auf Arbeitsmarkt und Löhne hierzulande auswirken, da der Druck durch Konkurrenz aus Niedriglohnländern oder Lohndumping über Entsendungen sinken würde, schreibt die PRO-GE in ihrem aktuellen Magazin.

Die geplante Richtlinie soll den Mindestlohnschutz für Arbeiter verbessern, die durch einen gesetzlichen Mindestlohn oder Tarifverträge Anspruch auf einen Mindestlohn haben. Auch Tarifverhandlungen zur Festlegung von Löhnen sollen gefördert werden. Mitgliedstaaten, in denen die Tarifbindung unter 80 Prozent liegt, sollen Pläne zur Steigerung der Quote machen müssen.

Die geplante Richtlinie verpflichtet Mitgliedstaaten nicht, gesetzliche Mindestlöhne einzuführen und legt auch kein gemeinsames Mindestlohnniveau in der EU fest. Allerdings stimmte die Mehrheit der Abgeordneten im Europäischen Parlament Mitte September dafür, Mindestlöhne dann als fair anzusehen, wenn sie 50 Prozent des Brutto-Durchschnittseinkommens abbilden.

Nachdem auch die Mitgliedstaaten zugestimmt haben, haben die jeweiligen Länder zwei Jahre Zeit, die Richtlinie in nationales Gesetz umzusetzen. Die Mitgliedstaaten werden voraussichtlich Anfang Oktober formell zustimmen.

TAGS:
EU