In einer Pressekonferenz sagte Anschober, es handle sich bei der Identifizierung der gefährdeten Gruppen um einen „schwierigen Prozess“. In erster Linie gehe es dabei um Personen mit einer „drastischen Verringerung des Immunabwehrsystems“. Das könne eine Krebserkrankung oder schwere Diabetes sein, „das wird jetzt im Augenblick abgegrenzt“. Betroffene sollen dann von den Sozialversicherungsträgern Empfehlungen erhalten. Wer tatsächlich freigestellt oder verpflichtet ins Home Office wechseln muss, „ist am Ende auch eine Frage der medizinischen Bewertung des niedergelassenen Arztes vor Ort“.
Ärzte und Kassen kritisieren Identifizierung aus Medikationsliste
Genau auf diese Bewertung pochte auch die Ärztekammer. In einer Aussendung warnte sie ausdrücklich vor der Identifizierung über die Medikationslisten der Krankenkassen. Weder verfüge die Sozialversicherung über alle notwendigen Daten noch sei die Treffsicherheit bei den vorhandenen Daten gegeben. Dazu kämen auch noch datenschutzrechtliche Bedenken. Letztlich könnten nur die behandelnden Ärzte im direkten Kontakt mit ihren Patienten einstufen, wer als Risikopatient anzusehen sei, unterstrich Präsident Thomas Szekeres.
Dass Ärzte in die Entscheidung eingebunden werden müssen, betonte auch Peter Lehner, Vorsitzender der Konferenz der Sozialversicherungsträger. „Um die tatsächliche Risikogruppe treffsicher zu identifizieren und zu informieren, braucht es das Wissen und das Know-how der Ärzte. D5509er Hausarzt kennt seine Patienten am besten und weiß über seinen Gesundheitszustand Bescheid. Die Medikation allein hat hier zu geringe Aussagekraft“, meinte er.
Nach der reinen statistischen Auswertung würden 24,13 Prozent der österreichischen Bevölkerung in die definierte Risikogruppe fallen, so Lehner: „Es gilt, besonders gefährdete Personen zu identifizieren und zu schützen. Diese Auswahl funktioniert nicht über die Statistik. Sie kann nur ein Bestandteil sein. Neben dem Arzt müssen wir auch an die Eigenverantwortung der Menschen appellieren. Eine sinnvolle Umsetzung funktioniert im Teamplay: Gesundheitsministerium, Sozialversicherung, Arzt und Patient.“ Außerdem müsse eine vom Ministerium im Rahmen der Epidemie-Bekämpfung angeordnete Leistung der Ärzte vom Ministerium auch entsprechend abgegolten werden.