Schulstart

Lehrer und Eltern begrüßen Regeln für Herbst

Lehrer- und Elternvertreter haben am Montag die Corona-Regelungen für das kommende Schuljahr begrüßt. Derzeit sind weder Test- noch Maskenpflicht vorgesehen, in der ersten Woche gibt es freiwillige Antigentests. Es sei ein Start mit sehr viel Normalität, sagt der oberste Lehrergewerkschafter Paul Kimberger (FCG). Er rechnet mit einer breiten Teilnahme an den freiwilligen Tests zu Schulbeginn. Auch die Elternvertreter hoffen auf Eigenverantwortung.

red/Agenturen

Die freiwilligen Tests zu Schulbeginn würden eine gewisse Sicherheit bringen, so Kimberger. Wichtig sei der Gewerkschaft auch gewesen, dass die Schulen in diesem Jahr wieder autonom für bis zu zwei Wochen Masken und (Antigen-)Testpflicht erlassen können. Kritisch sieht er, dass auch infizierte Schüler und Lehrer mit FFP2-Maske in die Schule kommen können. „Wir sind der Meinung, dass infizierte Personen in der Schule nichts verloren haben.“ Es sei unrealistisch, dass jemand stundenlang ununterbrochen Maske trage. Kritik kommt von Kimberger auch daran, dass es wegen Verzögerungen beim Ausschreibungsverfahren noch keine Lösung für Schul-PCR-Tests im kommenden Schuljahr gibt.

Im Bundeselternverband ist man froh darüber, dass Kinder und Jugendliche ohne Einschränkungen ins neue Schuljahr starten können, betont Sprecher Marcus Dekan. „Wir glauben auch, dass die Rahmenbedingungen derzeit das vorgeschlagene Vorgehen durchaus zulassen.“ Die freiwilligen Antigentests zu Beginn des Schuljahrs seien zwar nicht perfekt, aber immerhin eine gewisse Sicherheitsschranke nach der Rückkehr aus den Ferien. Infizierte an den Schulen sehen auch die Elternvertreter skeptisch. Allerdings rechnet Dekan ohnehin damit, dass Eltern ihre Kinder auch symptomfrei nicht infiziert zum Unterricht lassen und auch infizierte Lehrer nicht ihren Dienst antreten werden. Die Idee, dass Infizierte ihre Maskenpause in einem speziellen Raum verbringen sollen, hält Dekan ebenso wie Kimberger nicht für praktikabel angesichts des Raummangels in vielen Schulen.

Die scheidende Bundesschulsprecherin Susanna Öllinger von der ÖVP-nahen Schülerunion appellierte an Schülerinnen und Schüler, die freiwillige Testmöglichkeit zu Beginn des Schuljahrs zu nutzen. Je nach Entwicklung des Infektionsgeschehens sollten diese Tests auch weitergeführt werden, immerhin hätten sie sich im vergangenen Schuljahrs bewährt. Dass es keine Maskenpflicht mehr gibt, wird von der Bundesschülervertretung befürwortet, solange die Infektionslage es hergebe. Infizierte an den Schulen findet hingegen auch die Schülervertretung problematisch. Sollte diese Regelung Auswirkungen auf das Infektionsgeschehen haben, brauche es hier eine Änderung, so Öllinger.

Mit „zwei blinden Augen in den Herbst“

Harsche Kritik kommt von SPÖ-Bildungssprecherin Petra Tanzler. Für offene Schulen brauche es maximale Schutzvorkehrungen wie Testen und Luftfilteranlagen in jedem Klassenzimmer. „Einfach nur zu hoffen, dass es schon irgendwie gehen wird, ist zu wenig und beim dritten Corona-Schulstart in Folge schlicht unverantwortlich.“ Auch abseits Corona sieht Tanzler viele offene Fragen: Weder zu Teuerung noch bildungspolitischen Herausforderungen habe es von Bildungsminister Martin Polaschek (ÖVP) „auch nur den Hauch einer Antwort“ gegeben. NEOS-Bildungssprecherin Martina Künsberg Sarre begrüßt zwar, dass in den Schulen wieder etwas Normalität einkehrt. Das allein sei allerdings zu wenig, fordert sie Maßnahmen für mehr Chancengerechtigkeit, Integration oder gegen den Lehrermangel ein.

Die Bundesjugendvertretung warnt per Aussendung, dass die Pandemie noch nicht vorbei sei. Sie fordert etwa Klarheit für die Schulen, was bei Infektionsfällen in der Klasse passiert. Infizierte Schüler in den Klassen sieht die BJV ebenfalls kritisch. „Eine reine Durchseuchungsstrategie bei Kindern und Jugendlichen darf es nicht geben.“

In der Wissenschaft werden die lockeren Schulregeln unterschiedlich aufgenommen. Für den Epidemiologen Hans-Peter Hutter von der Medizin-Uni Wien ist der Verzicht auf Masken und Tests ein Fehler - auch wenn Corona-Schutzmaßnahmen an den Schulen schwer vermittelbar seien, wenn sonst fast überall darauf verzichtet werde. Er wäre für einen PCR-Test pro Woche, um wenigstens auf diesem Weg ein Bild von der Lage zu bekommen. Denn da nur noch wenig getestet werde und eine andere Teststrategie fehle, gehe man nun „mit zwei blinden Augen in den Herbst“, warnt er im „Standard“ (Montagsausgabe).

Auch Virologin Dorothee von Laer von der Medizin-Uni Innsbruck spricht dort von einem „Blindflug“. Ein Schulstart „ohne große Restriktionen“ ist für sie trotzdem gerechtfertigt, geht sie doch auf Basis ihr zugänglicher Daten von einer Durchseuchung von mehr als 90 Prozent unter Kindern aus. Dass Lehrer und Kinder über zehn Jahren infiziert mit FFP2-Maske in die Schule kommen dürfen sollen, sei hingegen „unsinnig“. Bei steigenden Infektionszahlen müsste aus ihrer Sicht als erstes wieder Maskenpflicht eingeführt werden.