Schmerz

Rheumaschmerzen schädigen doppelt

Rund 2,5 Millionen Menschen leiden in Österreich an rheumatischen Erkrankungen. Oft wechseln einander Phasen mit und ohne Schmerzen ab. Die Beschwerden müssen immer frühzeitig behandelt werden, um eine Chronifizierung zu verhindern, forderten jetzt Experten der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh). Rheumaschmerzen wirken nämlich doppelt: Als quälende Symptome an sich und als zusätzliche Ursache für Bewegungseinschränkung.

red/Agenturen

Die Osteoarthrose/Osteoarthritis ist Altern, Degeneration, Inflammation, Schmerz und Gelenksdysfunktion“, erklärte erst vor kurzem Stefan Nehrer, Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Sportmedizin, bei einer Diskussionsrunde der Praevenire Initiative in Alpbach. „Das spielt sich nicht nur am Knorpel ab. Da gehört viel mehr dazu als der Knorpel. Da gibt es ganz viele Faktoren, die dazu beitragen.“ Dazu gehörten wiederkehrende Schmerzsymptome, die selbst zusätzlich negative Auswirkungen haben könnten.

Genau das trifft auch auf die rheumatischen Erkrankungen zu. Mit den chronischen oder schubweise verlaufenden Entzündungen sowie krankhaften Veränderungen, zum Beispiel an Gelenken, sind Schmerzsymptome verbunden. Sie können sich einerseits durch Chronifizierung zu einem eigenen Krankheitsbild entwickeln, andererseits limitieren sie oft noch zusätzlich die körperlichen Aktivitäten der Betroffenen, was die Beweglichkeit weiter einschränkt und den Schaden potenziert. Das geht sogar bis zu dem Faktum, dass Rheumapatienten auch durch den Mangel an physischer Aktivität anfälliger für Herz-Kreislauf-Erkrankungen werden. Gleichzeitig nehmen Muskelkraft, Koordinationsfähigkeit und Gleichgewichtsgefühl ab, was auch noch das Sturzrisiko erhöht.

„Jede rheumatologische Erkrankung geht mit Schmerzen einher. Damit diese nicht chronisch werden, ist eine zeitnahe adäquate Entzündungs- und Schmerztherapie wichtig. Wenn eine rheumatische Entzündung nicht zügig behandelt wird, kann es zu einer dauerhaften Sensibilisierung kommen. Die Folge einer zu späten Therapie kann dann die Verselbstständigung und Chronifizierung des Schmerzgeschehens sein. Diese gilt es mit geeigneten medikamentösen und nicht-medikamentösen Maßnahmen in einem interdisziplinierten Team vorzubeugen“, stellte jetzt die Fachgesellschaft der deutschen Rheumatologen fest.

Georg Pongratz, deutscher Rheumatologe und Sprecher des Arbeitskreises Rheuma und Schmerz der Fachgesellschaft: „Schmerz ist ein komplexes Geschehen und hängt auch von vielen individuellen Faktoren ab. Von bisherigen Schmerzerfahrungen, Erziehung, Geschlecht, Herkunft, genetischen Faktoren und der Persönlichkeit der Betroffenen.“

Alle Register ziehen

Oft wird bei rheumatischen Erkrankungen wegen ihres chronischen Verlaufes zu lange zugewartet, bis wirkungsvolle Therapien gestartet werden. Der Experte für entzündlich-rheumatische Erkrankungen, die sich an zahlreichen Stellen des Körpers manifestieren können, setzt vor allem auf einen zügigen Behandlungsbeginn mit geeigneten Medikamenten, aber auch auf nicht-medikamentöse Maßnahmen, wie Physiotherapie in der Frühphase der Beschwerden. Diese könnten die rheumatisch Entzündung und damit auch Schmerz schnell beseitigen, bevor sich ein „Schmerzgedächtnis“ entwickelt. Dies kann sich, unabhängig von der ursprünglichen Schmerzproblematik, als chronischer Schmerz auch an anderer Stelle manifestieren oder sich sogar auf den ganzen Körper ausdehnen (sogenanntes „wide spread pain“-Syndrom).

Dagegen sollten sprichwörtlich alle Register gezogen werden. „Daher ist es von großer Bedeutung, eine Verselbstständigung des Schmerzgeschehens möglichst frühzeitig mit geeigneten Medikamenten und nicht-medikamentösen Maßnahmen zu verhindern und alle zur Verfügung stehenden Ressourcen auszuschöpfen“, so Pongratz. Dies bedeute: Bei akuten entzündlich bedingten Schmerzen die Grunderkrankung konsequent zu behandeln und anti-entzündliche und schmerzstillende Präparate wie nicht-steroidale Antirheumatika (NSAR) einzusetzen, die gleichzeitig gegen die Entzündung und den Schmerz wirksam sind.

Der Experte: „Nicht-steroidale Antirheumatika helfen bei zahlreichen entzündlich-rheumatischen Erkrankungen, aber auch bei Arthrose. Sollten diese Arzneimittel nicht den gewünschten Erfolg haben oder nicht gegeben werden können, sein, stehen Schmerzmittel-Alternativen wie Paracetamol, Metamizol oder Opioide sowie Injektionen mit Cortison oder Lokalanästhetika zur Verfügung. Ist der Schmerz bereits chronisch, können neben den genannten Präparaten auch schmerzmodulierende Mittel wie Antidepressiva, Antiepileptika sowie Muskelrelaxantien, leichte Opioide oder bei neuropathischen Schmerzen auch Cannabinoide zum Einsatz kommen.“

Da alle diese Arzneimittel auch Nebenwirkungen haben können, böten sich, so Pongratz, auch Präparate zur lokalen Anwendung auf der Haut an, beispielsweise konsequent Therapie mit NSAR-haltigem Gel bei einer Handgelenksarthritis. Wirkstoffe wie Capsaicin aus der Chilischote mit Cayennepfeffer, ein Lokalanästhetikum wie Lidocain oder ein Nervengift wie Botulinumtoxin (Botox) wirken lindernd auf Muskelkontraktionen und Schmerzen. Hier müssten aber Rheumatologen, Schmerz-, Physiotherapeuten und andere Fachleute zusammenarbeiten, um ein möglichst optimales Behandlungsergebnis mit mehr Lebensqualität der Patienten zu erreichen.

 

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