Bei der Krankheit handelt es sich um den sogenannten Alpha-1-Antitrypsinmangel (AATD oder ALPHA-1). Alpha-1-Antitrypsin ist ein in der Leber produziertes Enzym. Infolge einer Mutation in dem Gen, das die Bauanleitung für das Protein enthält, können die Ausschüttung und die Produktion des Enzyms behindert sein. Bei zu wenig Alpha-1-Antitrypsin im Blut kommt es mit der Zeit typischerweise zu Leber- und/oder Lungenschäden. Bei Erwachsenen tritt häufig ein Lungenemphysem (Lungenblähung) auf. Auch eine Leberzirrhose kann entstehen.
Georg-Christian Funk vom Karl Landsteiner Institut für Lungenforschung und pneumologische Onkologie (Klinik Ottakring/Wien) und die übrigen Autoren von Kliniken in Wien, Graz, Wels, Klagenfurt, Salzburg, Innsbruck und Hohenems haben eine Registerstudie (Daten: Austrian Alpha-1 Lung Registry) durchgeführt. Dass eine späte Diagnose der Erkrankung die Situation der Betroffenen stärker beeinträchtigt als ein frühes Erkennen und entsprechendes Management des Leidens, war bekannt. Den Wissenschaftern ging es um die Mortalität und die allfällige Notwendigkeit einer Lungentransplantation wegen bereits zu großer Schädigung des Organs.
61 Prozent schlechteres Gesamtüberleben bei Verzögerung
Die Resultate sind ziemlich eindeutig, wie die Autoren jetzt in der Fachzeitschrift „Respiratory Research“ feststellten: „Eine Lungenerkrankung wurde bei 98,5 Prozent der Patient:innen festgestellt, von denen 63,8 Prozent ein Lungenemphysem und/oder eine chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD; 44 Prozent) aufwiesen.“
Im Mittel hätte es 5,3 Jahre bis zur Diagnose gedauert (Zeitspanne zwischen 2,2 und 11,5 Jahre), stellten die Experten fest. Die Folge laut den Analysen: Längere Verzögerung bis zum Erkennen der AATD-Erkrankung brachte ein um 61 Prozent schlechteres Gesamtüberleben (Sterblichkeit aus allen Ursachen). Auch das Überleben ohne Notwendigkeit einer Lungentransplantation war um 43 Prozent schlechter.
Der Alpha-1-Antitrypsinmangel ist im Grunde gar nicht so selten. Unter Menschen mit europäischer Abstammung ist er eine der häufigsten Erbkrankheiten. In Europa sind davon etwa 2,5 von 10.000 Menschen betroffen; ALPHA-1 kommt damit etwa so häufig vor wie Typ-1-Diabetes oder die zystische Fibrose. Beschwerden wie chronische Bronchitis oder Lungenemphysem werden häufig erst sehr spät auf die vererbte Erkrankung zurückgeführt. Bei einer optimalen Therapie liegt laut den deutschen „Lungenärzten im Netz“ die Lebenserwartung bei mehr deutlich mehr als 60 Jahren. Eine medikamentöse Behandlung wie bei COPD (sonst vor allem eine Erkrankung von Rauchern) kann die Lungenfunktion stabilisieren. Auch eine Enzymersatztherapie (einmal wöchentlich Infusion des Enzyms aus Spenderplasma) ist möglich, wodurch ein Fortschreiten der Schädigungen verringert werden kann.
Studie