Corona-Therapie

Innovatives Rheumamedikament und Remdesivir

Nach Dexamethason als Uralt-Medikament hat offenbar die Kombination von zwei innovativen neuen Arzneimitteln laut einer großen Studie im „New England Journal of Medicine“ einen guten Effekt. Das SARS-CoV-2 Medikament Remdesivir mit dem neuen Rheumamittel Baricitinib als Hemmstoff für eine überschießende Immunreaktion bei Covid-19 wurde dabei untersucht.

„Baricitinib plus Remdesivir war Remdesivir allein bei der Verkürzung der Zeit bis zur Genesung und bei der Beschleunigung der Erholung des klinischen Zustandsbildes bei Patienten mit Covid-19 überlegen - ganz besonders bei denjenigen Kranken, die eine High-Flow-Sauerstofftherapie (Zufuhr großer Mengen von Sauerstoff über Brillen oder Masken; Anm.) oder eine nicht-invasive künstliche Beatmung erhielten“, schrieben Andre Kalil und die Co-Autoren in der jetzt in der angesehensten Medizin-Fachzeitschrift der Welt publizierten Studie.

Bei der doppelt-verblindeten (weder Ärztin oder Arzt noch Patientin oder Patient wussten, wer welche Therapie erhielt), randomisierten (Zuteilung der Patientinnen und Patienten zu zwei Vergleichsgruppen per Zufall) und Placebo-kontrollierten Untersuchung handelte es sich um eine unabhängige Studie, die vom Nationalen Institut für Allergien und Infektionskrankheiten der USA mit ihrem Leiter Anthony Fauci finanziert worden war. 1.033 Covid-19-Patienten in Spitalsbehandlung wurden aufgenommen. Sie erhielten zur Hälfte entweder weniger als zehn Tage das antiviral wirkende Remdesivir und 14 Tage lang den JAK1-/JAK2-Kinasehemmer Baricitinib oder Remdesivir und ein Placebo.

Remdesivir wurde als Hemmstoff für die Virusvermehrung entwickelt. Ursprünglich auch bei Ebola-Infektionen vorgesehen, wurde es ohne durchschlagenden Erfolg auch sehr bald für Covid-19-Erkrankungen verwendet. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat eher davon abgeraten, Hersteller Gilead hingegen auf den Nutzen auf der Basis klinischer Studien hingewiesen. Baricitinib ist ein Hemmstoff für die Enzyme JAK1/JAK2 und hat sich in den vergangenen Jahren als wirksames oral einnehmbares Medikament bei chronischer Polyarthritis (rheumatoide Arthritis, Gelenksrheuma) etabliert. Erst vor kurzem wurde es auch für die Behandlung einer schweren Atopischen Dermatitis („Neurodermitis“) in der EU zugelassen.

Ein möglicher Effekt von Baricitinib, vor allem gegen eine stark entzündliche Reaktion wie sie eben bei Gelenksrheuma die Krankheit vorantreibt, war von den beteiligten Wissenschaftern der University of Nebraska (Medical Center) als plausibel für eine Überprüfung in der klinischen Studie erkannt worden. Die Autoren: „Es wurde vermutet, dass die Dämpfung der Immunreaktion (auf SARS-CoV-2; Anm.) und die Verhinderung der Hyper-Entzündung die Behandlungsergebnisse verbessern würde. Baricitinib (...) wurde dafür mit einem Algorithmus auf der Basis künstlicher Intelligenz als mögliches Therapeutikum gegen das schwere SARS-CoV-2-Infektionen identifiziert.“

Der Wirkstoff hemmt die Bildung der Entzündungsbotenstoffe Interleukin-2, Interleukin-10, Interferon-Gamma und den Granulozyten-Makrophagen Kolonie-stimulierenden Faktor (GM-CSF). Außerdem dürfte Baricitinib das Eindringen von SARS-CoV-2 in Zellen verhindern.

Zahlenmäßig zeigten sich in der Studie schnell positive Ergebnisse: Insgesamt erholten sich die Patienten, die auch Baricitinib erhielten um einen Tag früher als jene mit Remdesivir-Behandlung allein (sieben versus acht Tage; Unterschied statistisch signifikant). Nach 15 Tagen lag die Rate der Patientinnen und Patienten mit verbessertem Zustandsbild unter der Kombinationstherapie um 30 Prozent höher. Patientinnen und Patienten mit künstlicher Sauerstoffzufuhr zeigten bereits nach zehn Tagen Zeichen der Genesung, in der Placebo-Gruppe war das im Durchschnitt erst nach 18 Tagen der Fall.

Die 28-Tage-Mortalität lag unter der Behandlung mit Remdesivir und Baricitinib bei 5,1 Prozent, bei Therapie mit Remdesivir allein hingegen bei 7,8 Prozent, was einer Reduktion der Sterblichkeit im Zeitraum von vier Wochen um 35 Prozent entsprach. Schwere Nebenwirkungen waren mit der Kombinationstherapie mit einer Häufigkeit von 16 Prozent seltener als in der Placebo-Gruppe (21 Prozent).