Dass Alkoholmissbrauch das Gehirn verkleinert, hat keinen großen Newswert. Weniger bekannt ist, ab welcher Menge der Alkoholkonsum einer Person als gesundheitlich problematisch einzustufen ist. Laut internationalen Standards gilt ein Standardglas – also acht bis zwölf Gramm reiner Alkohol bzw. zirka 100 Milliliter Wein oder 300 Milliliter Bier – am Tag für Frauen und zwei für Männer als noch „risikoarmer Konsum“.
Eine aktuelle Studie legt nun nahe, dass diese vermeintlich harmlosen Mengen bereits beträchtliche Auswirkungen auf das Gehirn haben. Diese Erkenntnisse gehen auf Prof. Dr. Remi Daviet von der University of Wisconsin-Madison und dessen Kollegen zurück, die aus der „UK Biodatenbank“, die gesundheitsrelevante Daten über Hunderttausende britische Bürger enthält, MRT-Gehirnscans von rund 36.000 gesunden Männern und Frauen im Alter von 40 bis 69 Jahren analysierten. Die Größe der Stichprobe habe es ermöglicht, bereits bei eher marginalen Unterschieden in der Konsummenge starke Auswirkungen zu erkennen – so zum Beispiel beim Konsum eines halben Biers im Vergleich zu einem Bier täglich, erklärt Gideon Nave, Co-Autor der Studie.
Was die Analyse zeigt: Je mehr Alkohol ein Mensch zu sich nimmt, umso deutlicher die darin beobachteten Auswirkungen sowie das Schrumpfen des Gehirns. Vergleichbar ist dieses Schrumpfen mit einer vorzeitigen Alterung, da die Hirnmasse auch mit den Lebensjahren abnimmt. Interessant auch, dass die Folgen des Alkoholkonsums nahezu alle Regionen des Gehirns betrafen, darunter etwa frontalen Kortex, die Insula sowie den Hirnstamm. Auch Veränderungen in der Struktur der Weißen Masse waren sichtbar.
Auswirkungen des Konsums wachsen exponentiell
Laut den Forschenden sei das Gehirn eines 50 Jährigen, der täglich etwa vier Gläser Alkohol zu sich nimmt, um zehn Jahre „älter“ als das einer gleich alten, aber völlig abstinenten Person. Zudem gebe es laut Daviet Hinweise darauf, dass die Auswirkungen des Alkoholkonsums exponentiell wachsen würden, also jede weitere Alkoholeinheit am Tag zu einem stärkeren Alterungseffekt im Gehirn führen würde. „Eine Einschränkung des letzten Drinks am Abend könnte also große Auswirkungen auf die Gehirnalterung haben“, resümiert Daviet.
Das Forschungsteam will seine Arbeit in Zukunft vertiefen und Langzeitstudien folgen lassen. So möchte es beispielsweise noch in Erfahrung bringen, ob es „besser“ wäre, ein Glas Bier pro Tag oder sieben Gläser an einem einzigen Tag der Woche zu trinken.
Quelle:
University of Pennsylvania, Remi Daviet (University of Wisconsin-Madison, USA) et al., Nature Communications,