ESRA als Anlaufstelle für psychosoziale Anliegen für Jüd:innen in Wien

Der Großangriff der radikal-islamischen Palästinenserorganisation Hamas auf Israel hat viele Menschen psychologisch schwer belastet. Allen voran Jüd:innen leiden unter den teils traumatischen Bildern und Videos, die über Medien und Soziale Netzwerke kursieren. In Wien gibt es für Betroffene mit ESRA eine Anlaufstelle. Das psychosoziale Zentrum wurde 1994 für NS-Überlebende, jüdische Migrant:innen und für die jüdische Bevölkerung Wiens eingerichtet.

red/Agenturen

„Wir bemerken einen deutlichen Anstieg an Unterstützungsanfragen von Menschen, die akut schwer belastet sind, aufgrund der schrecklichen Ereignisse in Israel. Verwandte und Freunde wurden ermordet oder wurden als Geiseln genommen“, sagte Benjamin Vyssoki, ärztlicher Leiter von ESRA mit Sitz in Wien-Leopoldstadt, der APA am Dienstag. In dem Zentrum, einer Partnerorganisation der Israelitischen Kultusgemeinde Wien (IKG), arbeitet ein Team aus Ärzt:innen, Psychotherapeut:innen, Psycholog:innen, Pflegepersonen und Sozialarbeiter:innen.

Der Angriff auf Israel und seine Bewohner und Touristen habe bei der jüdischen Bevölkerung viele Emotionen hervorgerufen, darunter „Wut, Angst, Besorgnis und auch Verzweiflung und Ohnmacht“, so Vyssoki. Jüd:innen in ganz Österreich sorgen sich um Verwandte in Israel. „Leider gibt es auch viele Menschen, deren Angehörige ermordet wurden, oder deren aktueller Verbleib unklar ist. Für einige Menschen kann der Krieg eine Erinnerung an ein eigenes Trauma oder einen eigenen Verlust darstellen.“

Neben tiefer Traurigkeit, Angst und Hilflosigkeit erleben die Frauen und Männer zum Teil auch Schlafstörungen, Appetitlosigkeit und Konzentrationsschwierigkeiten. Die Betroffenheit sei quer durch alle Altersgruppen sehr groß. Vyssoki plädiert vor allem für einen sorgsamen Umgang mit Sozialen Medien und rät zu regelmäßigen Bildschirm-Pausen, um das Gesehene zu verarbeiten. Wichtig sei zudem, sich Freunden und Familie anzuvertrauen und viel über die aktuellen Vorgänge zu sprechen. „Beruhigen Sie sich gegenseitig“, so der Rat von Vyssoki. Gerade in Zeiten wie diesen sei ein enger Zusammenhalt unabkömmlich.

„Es ist zwar wichtig, sich über die Ereignisse auf dem Laufenden zu halten. Es ist aber auch für alle wichtig, jeden Tag eine Pause von der Berichterstattung zu machen bzw. Medienkonsum einzuschränken und anderen Aktivitäten nachzugehen. Die Berichterstattung über Krieg, Kampfhandlungen und deren Folgen kann verstörend sein und Ängste verstärken, sogar traumatisieren“, so der Arzt.

Wer sich in einer akuten psychischen Krise befindet, kann sich an ESRA wenden. Das Zentrum ist telefonisch erreichbar unter +4312149014. "ESRA ist da, um zu helfen und zu unterstützen in diesen schweren Stunden", so die Botschaft des Zentrums.

Mehr Informationen online unter https://esra.at/ .

Weitere Hilfsangebote: Rat auf Draht für Kinder und Jugendliche unter der Telefonnummer 147, die Telefonseelsorge ist unter 142 telefonisch erreichbar und die Ö3 Kummernummer unter 116 123. Der sozialpsychiatrische Notdienst ist unter 0131330 erreichbar.

Israel Flagge
Viele Frauen und Männer sind schwer traumatisiert vom Angriff auf Israel: Experte rät zu Bildschirmpausen.
Lindsey Wasson / AP / picturedesk.com