Wiener Spitalsumfrage 2023 ergibt alarmierende Werte zu Wiener Gesundheitspolitik

Im Rahmen einer Pressekonferenz am Dienstagmorgen wurden neue Detailergebnisse der Wiener Spitalsumfrage 2023 von Peter Hajek präsentiert und eingeordnet. Ergebnis: die Wiener angestellte Ärzteschaft hat der Stadtpolitik ein alarmierendes Zeugnis ausgestellt. Ärztekammer-Präsident Johannes Steinhart steht solidarisch hinter den Anliegen der Spitalsärzt:innen, ließ sich allerdings aufgrund eines wichtigen Termins im Zuge der Finanzausgleichsdiskussionen entschuldigen.

red/Agenturen

Steinhart: „Es sind entscheidende Wochen für die Gesundheitsversorgung in ganz Österreich. Die Wiener Spitäler sind in der Versorgung der Wiener Bevölkerung ein zentraler Ort.“

Meinungsforscher Peter Hajek zu den neuen Detailergebnissen: „Die Einschätzung der Befragten zur Wiener Gesundheitspolitik hat sich im Vergleich zu 2022 noch einmal signifikant eingetrübt. Hinzu kommt eine hohe Unzufriedenheit betreffend Unternehmensführung in den Spitälern und der IT-Infrastruktur. Im Detail heißt das, dass 61 Prozent mit der Unternehmensführung unzufrieden sind, im WiGev sind es 72 Prozent. Bei der Infrastruktur sind im WiGev insgesamt 60 Prozent unzufrieden - gegenüber 33 Prozent in den Ordensspitälern. Was die bauliche Infrastruktur betrifft, ist die Bewertung der Spitalsärztinnen und -ärzte – positiv formuliert – durchwachsen. Bei den WiGev-Spitälern empfinden 43 Prozent die gebäudetechnische Infrastruktur als sehr belastend oder belastend, im Wiener Gesamtschnitt sind es 42 Prozent.“

Protestmarsch am 4. Dezember

Kurienobmann und Vizepräsident Stefan Ferenci: „Seit Monaten ignoriert die Politik unsere Vorschläge aus dem 10-Punkte-Plan zur Rettung der Wiener Spitäler. Zuvor hatte man ja gar behauptet, es sei nichts vonseiten der Ärzteschaft gekommen. Unsere Kolleginnen und Kollegen in den Spitälern sehen das offenbar anders. Wir sind nach wie vor gesprächsbereit, aber es kann so nicht weitergehen. Frustration und Abwanderung sind real und keine Naturkatastrophen, die über einen hereinbrechen – die Politik kann etwas dagegen tun. Wir marschieren am 4. Dezember im Interesse der Patientinnen und Patienten, ihrer Angehörigen und aller Spitalsbeschäftigten, die trotz der unzureichenden Bedingungen die Stellung halten.“

Der stellvertretende Kurienobmann Eduardo Maldonado-González sieht die Politik in der Pflicht: „Wenn 66 Prozent aller Befragten unzufrieden mit der Arbeit des Gesundheitsstadtrates sind (Vorjahr 42 Prozent), kann man nicht mehr mit der Ausnahmesituation einer Pandemie argumentieren. Es geht uns nicht um eine bestimmte Personalie aus der Politik oder der ebenfalls schlecht bewerteten Unternehmensführung in den Spitälern, sondern um strukturelle Probleme, unter denen Spitalsärztinnen und -ärzte, aber vor allem auch die Pflege immens leiden. Da muss es doch im Interesse der Stadtpolitik sein, dem etwas entgegenzusetzen. Ich sehe die Bereitschaft aber bislang nicht und deshalb protestieren wir am 4. Dezember.“

„Den Leuten reicht's“

Für die stellvertretende Kurienobfrau Anna Kreil gehört eine funktionierende IT zu einem guten Arbeitsplatz: „Es wundert mich nicht, dass die IT insbesondere in den WiGev-Spitälern von den Kolleginnen und Kollegen sehr schlecht bewertet wird (60 Prozent unzufrieden). So kann man im Jahr 2023 eigentlich nicht mehr arbeiten. Das ist einer der Gründe, warum wir für eine Ausgliederung des WiGev sind. Wir Ärztinnen und Ärzte hängen am Gängelband der zuständigen Magistratsabteilung. Wenn wir das öffentliche Gesundheitssystem aufrechterhalten wollen, müssen wir handeln. Man fühlt sich auch hier nicht von der Stadtpolitik abgeholt, denn die baulichen Veränderungen sind offenbar nicht das Problem, wie die Zahlen zeigen. Zu einem modernen Spital gehört moderne IT, die Arbeit erleichtern soll, und nicht nur die Außenfassade. Aber ohne die ausreichende Anzahl an Ärztinnen und Ärzten, Pflege und andere Berufsgruppen funktioniert halt auch das schönste Spital nicht.“

Hier setzt auch Peter Poslussny, Personalvertreter in der Klinik Floridsdorf (Krankenhaus Nord), an: „Wir haben wirklich ein schönes Haus. Aber ohne Ärztinnen und Ärzte und Pflegekräfte steht es teilweise leer. Ich erlebe es täglich: den Leuten reicht’s. Ich habe vollstes Verständnis für immer mehr Kündigungen. Was die Ergebnisse der Umfrage zeigen, ist ja, dass die Politik bis dato entweder falsche Prioritäten setzt oder aber Probleme gleich ganz ignoriert.“

Die Ärztekammer für Wien hat zur Vernetzung und Organisation von Teilnehmerinnen und Teilnehmern entsprechende Kommunikationskanäle eingerichtet. Auf https://streik.aekwien.at/ werden FAQs und weitere Informationen zu den Streik- und Kampfmaßnahmen bereitgestellt.