Telemedizin

Erste deutsche Studie publiziert

Forschungen der Klinik und Poliklinik für Kinderchirurgie der Universitätsmedizin Mainz zeigen das Potential von Telemedizin als Alternative zum direkten, unmittelbaren Patientenkontakt.

red

Belegt wurde etwa, dass eine telemedizinische Beratung und Betreuung zu kinderchirurgischen Problemen mit sehr guten Ergebnissen bewerkstelligt werden kann – und zwar für das gesamte kinderchirurgische Behandlungsspektrum. Die Studienergebnisse sind jüngst im Journal of Pediatric Surgery publiziert worden.

Die Telemedizin gewinnt zunehmend an Bedeutung. Das zeigt auch der Haushalt 2019 des Bundesgesundheitsministeriums (BMG), der am Ende November im Deutschen Bundestag abschließend beraten wurde: Er enthält unter anderem acht Millionen Euro, die im kommenden Jahr für „Modellprojekte zur telemedizinischen integrierten Versorgung und Förderung von Testregionen“ bereitstehen. Nochmals 15 Millionen Euro sind für die Jahre 2020 bis 2022 eingeplant. Zusätzliche Unterstützung erfährt die Telemedizin durch eine Lockerung des sogenannten Fernbehandlungsverbots, für die der Deutsche Ärztetag Mitte Mai gestimmt hat. Sofern beziehungsweise sobald die Landesärztekammern die neue Regelung in ihre Berufsordnungen übernehmen, besitzt sie eine rechtlich bindende Wirkung. Dann dürfen Ärzte Patienten, auch ohne ein vorheriges direktes persönliches Zusammentreffen, ausschließlich telemedizinisch via Videochats, Telefonate, SMS oder mithilfe von Apps behandeln.

Für den Direktor der Klinik und Poliklinik für Kinderchirurgie der Universitätsmedizin Mainz Oliver Muensterer ist dies auch ein Beleg für die Wichtigkeit der Forschungen seines Teams zur Telemedizin: „Wir sind mit unserer Forschung am Puls der Zeit. Die Digitalisierung bringt auch für die Medizin einen Wandel. Diesem müssen und wollen wir uns stellen. Deshalb untersucht die kinderchirurgische Klinik seit einigen Jahren schwerpunktmäßig die telemedizinische Beratung, Evaluation und Nachsorge von kinderchirurgischen Behandlungsfällen als neue medizinische Versorgungsstruktur. Unsere Klinik hat als erste in Deutschland einen derartigen Schwerpunkt etabliert und leistet in diesem Bereich Pionierarbeit.“

Telemedizinisch betreute Gruppe bewertet Qualität höher

Für ihre randomisierte Studie arbeiteten die Wissenschaftler mit zwei gleichgroßen Gruppen von Patienten, die vorher in der Kinderchirurgie zur Behandlung waren. Eine Gruppe wurde telemedizinisch betreut: Um Zwischengeschichten und physikalische Befunde für die Nachsorge zu erhalten, kam die Videotelefonie mit digitaler Verbindung zwischen dem Zuhause des Patienten und dem behandelnden Arzt in der Klinik zum Einsatz. Die Vergleichsgruppe war für die Nachsorge vor Ort in der Ambulanz der Kinderchirurgie der Universitätsmedizin Mainz physisch anwesend.

Im Rahmen der aktuell publizierten Studie konnten Jan Gödeke, Oberarzt an der Klinik für Kinderchirurgie der Universitätsmedizin Mainz, und sein Team erstmals zeigen, dass eine via Online-Video-Kommunikation durchgeführte Nachsorge kinderchirurgisch behandelter Kinder medizinisch sicher ist. Die Qualität der Datenübertragung war so gut, dass eine klinische Interpretierbarkeit sehr gut möglich war und sich alle wichtigen klinischen Befunde für eine umfassende Nachsorge diagnostizieren ließen. Wie die forschenden Ärzte feststellten, erwies sich diese Art von neuer medizinischer Versorgungsform den etablierten Versorgungsformen des deutschen Gesundheitssystems vielfach als nicht unterlegen. Ein Grund dafür ist unter anderem, dass auch in der Videokommunikation ein direkter Augenkontakt zwischen Arzt und Patient möglich ist.

Die technischen Voraussetzungen wie ein Smartphone oder ein mit einer Kamera ausgestatteter Computer sind in den meisten Haushalten gegeben, ebenso eine ausreichende Internetverbindung. Wie die Studie zeigte, bewertete die telemedizinisch betreute Gruppe die Qualität der Nachsorge deutlich höher als die in der Klinik präsente und dort versorgte Vergleichsgruppe.

Die gewonnenen Erkenntnisse wollen Muensterer und sein Team zukünftig auch für weitere Studien nutzen, beispielsweise für das Krankheitsbild der Ösophagusatresie (Speiseröhrenfehlbildung). Im Rahmen dieser speziellen Studie sollen deutschlandweit Kinder, die von dieser seltenen Erkrankung betroffen sind, bereits vor der Geburt und dann in den ersten Lebensjahren telemedizinisch durch ein Team aus deutschen und internationalen Experten sowie lokal versorgenden Ärzten begleitet und beraten werden.

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