Verhütung

Grüne drängen weiter auf Steuerbefreiung

Die Grünen drängen weiter auf eine Steuerbefreiung bei Langzeitverhütungsmitteln. Von der Beantwortung ihrer parlamentarischen Anfrage, in der Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) den Status quo erläuterte, zeigte sich Grünen-Frauensprecherin Meri Disoski enttäuscht. In einem Statement gegenüber der APA warf sie dem Ministerium vor, sich „hinter einer Paragrafenflut“ zu verstecken, obwohl es eine Steuerbefreiung für Langzeitverhütungsmittel anordnen könne.

red/Agenturen

Österreichs Verhütungspolitik zähle zu den „schlechtesten und rückständigsten in ganz Europa“, steht für die grüne Frauensprecherin fest. Denn „in den allermeisten west- und nordeuropäischen Ländern sind Verhütungsmittel bereits seit Jahren kostenlos, in Österreich hingegen ist sichere Verhütung eine Frage des Geldes.“ Werde das Geld knapp, würden Frauen auf günstigere und weniger sichere Mittel ausweichen oder gar nicht mehr verhüten. Disoski fordert deshalb auch kostenlose Verhütungsmittel, dafür gebe es derzeit aber keine Mehrheit im Parlament.

Die Frauensprecherin hatte bereits im Sommer kritisiert, dass für potenzsteigernde Mittel wie Viagra der vergünstigte Steuersatz von zehn Prozent gilt, die Kosten gegebenenfalls sogar steuerlich absetzbar seien, gleichzeitig Verhütungsmittel oder Schwangerschaftsabbrüche nicht steuerlich abgesetzt werden können. Verhütungsmittel wie die Spirale unterlägen außerdem dem Steuersatz für Medizinprodukte und werden mit 20 Prozent Umsatzsteuer besteuert. Sie könne nicht nachvollziehen, warum diese nicht als Arzneimittel eingestuft und dementsprechend mit zehn Prozent besteuert werden, präferieren würde Disoski überhaupt eine Befreiung von der Umsatzsteuer. Auch verstehe sie nicht, warum die künstliche Befruchtung steuerlich absetzbar sei, der Schwangerschaftsabbruch aber nicht.

Das Finanzministerium könne die Steuerbefreiung auf Langzeitverhütungsmittel, die es bereits von 2006 bis 2014 gegeben habe, per Erlass anordnen, forderte Disoski. Mit Bezug auf die Anfragebeantwortung warf sie diesem vor, sich „hinter einer Paragrafenflut und einer EU-Judikatur, die die Ärztekammer schon 2015 als hinfällig eingeordnet hat“, zu verstecken.

So verwies der Finanzminister etwa in der Frage, wie sein Ministerium die Besteuerung von Langzeitverhütungsmitteln und Schwangerschaftsabbrüchen rechtfertigt, auf „unionsrechtlich zwingende Vorgaben“ und Judikatur des Europäischen Gerichtshofes. Umsätze aus Heilbehandlungen seien von der Umsatzsteuer befreit. Als solche seien „Tätigkeiten zu verstehen, die zum Zweck der Vorbeugung, Diagnose, Behandlung, soweit möglich, der Heilung von Krankheiten oder Gesundheitsstörungen bei Menschen, sowie zum Schutz einschließlich der Aufrechterhaltung oder Wiederherstellung der menschlichen Gesundheit erbracht werden.“ Die Beurteilung, ob die Voraussetzungen für die Anwendung der Steuerbefreiung vorliegen, obliege dem behandelnden Arzt, das gelte auch für Schwangerschaftsabbrüche. Auch diese seien steuerbefreit, wenn ein therapeutisches Ziel im Vordergrund stehe.

„Dürfen das nicht achselzuckend zur Kenntnis nehmen“

Steuerlich geltend gemacht werden können Kosten, die wegen einer Krankheit entstanden sind, führten die Grünen in ihrer Anfrage aus. Nicht aber solche für Verhütungsmittel oder der Abtreibungspille Mifegyne, obwohl etwa die Weltgesundheitsorganisation (WHO) Gesundheit als einen Zustand des vollständigen körperlichen, geistigen und sozialen Wohlbefindens definiere, nicht nur als Fehlen von Krankheit oder Gebrechen. Für die Anerkennung von Krankheitskosten als außergewöhnliche Belastung, die steuerlich geltend gemacht werden könne, müsse aber nachweislich eine Krankheit vorliegen, heißt es in der Anfragebeantwortung. Aufwendungen für die Verhütung seien daher nicht abzugsfähig. Auch Kosten für Vorbeugung von Krankheiten oder Erhaltung der Gesundheit können unter diesem Aspekt nicht steuerlich beansprucht werden.

Die Kosten einer künstlichen Befruchtung seien aufgrund höchstgerichtlicher Judikatur wiederum als außergewöhnliche Belastung abzugsfähig, verwies Brunner auf die „nicht freiwillige Herbeiführung der Fortpflanzungsunfähigkeit verbunden mit dem öffentlichen Interesse der Gesellschaft an Kindern“.

Disoski will weitere Gespräche mit dem Ministerium führen. Ziel sind für sie kostenlose Verhütungsmittel: „Dass sichere Verhütung in Österreich im Jahr 2023 insbesondere für Jugendliche und für Menschen mit geringem Einkommen eine Frage des Geldes ist, dürfen wir nicht achselzuckend zur Kenntnis nehmen.“ Bestätigung erhofft sie sich durch die Ergebnisse einer Studie über Gratisverhütung im Gesundheitsministerium, die heuer erwartet werden. Diese nehme Länder unter die Lupe, in denen es Modelle für kostenfreie Verhütung gibt. „Daraus lässt sich ableiten, wie Gratisverhütung auch in Österreich implementiert werden kann“, so die Frauensprecherin.