European Health Forum Gastein

Klimakrise trifft Gesundheit von Randgruppen stärker

Die Klimakrise ist auch eine Gesundheitskrise. Das wurde am Donnerstagnachmittag beim European Health Forum Gastein (EHFG) in Bad Hofgastein betont. Gesellschaftliche Randgruppen sind dabei besonders betroffen. Es brauche mehr Gerechtigkeit, „sonst bringen wir Menschen, die bereits zu kämpfen haben, in weitere Schwierigkeiten“, sagte Natasha Azzopardi-Muscat vom Europabüro der Weltgesundheitsorganisation WHO. „Wenn wir an die Schwächsten denken, können wir alle profitieren.“

red/Agenturen

Um sicherzustellen, dass niemanden aus marginalisierten Gruppen zurückgelassen wird, brauche es Zusammenarbeit mit der Zivilgesellschaft und „echte Teilhabe“, forderte die Direktorin der Abteilung Gesundheitspolitik und Gesundheitssysteme der Länder vom WHO-Europabüro. „Lassen wir die Klimakrise nicht etwas sein, mit dem sich nur eine Elite beschäftigt.“ Sie betonte, dass Randgruppen - wie Menschen, die in Armut leben - bereits vor der Erderwärmung häufiger von gesundheitlichen Problemen betroffen waren.

„Hitze ist gefährlicher für Menschen, die auf der Straße leben, als Kälte“, berichtete Freek Spinnewijn, Direktor der europäischen Dachorganisation FEANTSA für Institutionen, die mit Obdachlosen arbeiten. Hohe Temperaturen ab 25 Grad würden für vergleichsweise mehr Hospitalisierungen sorgen. „Ich denke, wir unterschätzen die sozialen Auswirkungen der Klimakrise“, sagte er. Er verwies darauf, dass die Zahl der Migranten steigen werde, die aus klimatischen Gründen nach Europa kommen. Auch bereits auf dem Kontinent lebende Migranten, die in Südeuropa viele Stunden auf Feldern arbeiten, sind beispielsweise von der Klimakrise betroffen, erwähnte Azzopardi-Muscat.

„Klimaauswirkungen werden mehr und mehr extrem“

„In der Klimakrise sehen wir auch eine Gerechtigkeitskrise“, sagte Milka Sokolović, Generaldirektorin der Europäischen Public-Health-Allianz. „Die am meisten dafür bezahlen werden, sind noch nicht geboren“, erklärte sie. Marginalisierte Gruppen hätten keine Stimme in der Öffentlichkeit. Es brauche daher couragierte Politiker, forderte Sokolović. „Wir schenken Aufmerksamkeit und wir sind nicht ignorant“, betonte Elina Bardram von der Generaldirektion Klimapolitik der EU-Kommission. Inklusion sei auch im europäischen Klimagesetz verankert. „Klimaauswirkungen werden mehr und mehr extrem“, ist sie sich bewusst. Es gebe aber auch noch deutlich mehr davon betroffene Menschen als in Europa, verwies sie auf den afrikanischen Kontinent und kleine Inselstaaten.

Es brauche weniger Luftverschmutzung, leistbares gesundes Essen und grünere Städte, auch in Stadtteilen, wo marginalisierte Gruppen leben, empfahl Marina Romanello, Leiterin des „Countdown“-Projekts zu Gesundheit und Klimawandel des Medizin-Fachblatts „The Lancet“. Zudem forderte die Wissenschafterin mehr Forschung zu den Klimaauswirkungen auf diese Gruppen. „Wir müssen unsere Kapazität erhöhen, um sie sichtbar zu machen“, sagte Romanello.

Das viertägige EHFG geht am Freitagnachmittag zu Ende. Im Salzburger Gasteinertal kamen zum 26. Mal europäische Experten aus Politik, Wissenschaft und Gesundheitsbranche zusammen. 550 Teilnehmer waren an Ort und Stelle in Bad Hofgastein registriert, rund 1.000 weitere verfolgten die Diskussionen online. Hauptthema war die Krise des Gesundheitssystems samt nachwirkender „Schockwellen und Erschöpfung“ des Personals durch die Corona-Pandemie.

 

 

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