Verhärtete Fronten im EU-Parlament vor Abstimmung zu Renaturierung

Einen Tag vor der Abstimmung über das Gesetz zur Wiederherstellung der Natur sind die Fronten im EU-Parlament verhärtet. Während sich die EU-Abgeordneten von ÖVP und FPÖ klar gegen das sogenannte Renaturierungsgesetz positionieren, werben Sozialdemokraten, Grüne und Neos dafür. Fest steht für die österreichischen EU-Parlamentarier: Die Abstimmung wird denkbar knapp ausfallen. Wird das Vorhaben am Mittwoch im Straßburger Plenum abgelehnt, droht ihm das endgültige Aus.

red/Agenturen

„Zurück an den Start“, forderte der ÖVP-EU-Abgeordnete Alexander Bernhuber in einem Pressegespräch am Dienstag in Straßburg. Der aktuelle Gesetzentwurf werfe viele Fragen etwa zur Entschädigung von Grundbesitzern auf, gefährde sowohl die Versorgungssicherheit mit Lebensmittel, als auch den Ausbau der erneuerbaren Energien, klagte der niederösterreichische Landwirt. Außerdem warnte Bernhuber vor großem Aufwand bei der Datensammlung: „Wenn wir einen Wiesenschmetterlingsindex einführen müssen“, dann schaffe das „nur Bürokratie“ und koste Millionen.

Der EU-Kommission wirft der ÖVP-EU-Mandatar einen Ansatz „von oben herab“ vor, die Sorgen der Landwirte seien „kleingeredet“ worden. Auch gebe es bereits viele Verordnungen, die den Bereich des Gesetzes zur Wiederherstellung der Natur abdecken. Den Vorwurf, die Europäische Volkspartei (EVP), der die ÖVP angehört, betreibe Wahlkampf im Hinblick auf Juni 2024, wies Bernhuber zurück.

SPÖ-EU-Abgeordneter Günther Sidl kritisiert die Haltung der Konservativen scharf. „Es gibt viel zu tun, das geht nur mit einer konstruktiven Politik“, sagte der Sozialdemokrat. Die EVP betreibe Arbeitsverweigerung, so Sidl. Die SPÖ-Delegation im EU-Parlament wolle auf jeden Fall einem Gesetzesentwurf zustimmen, selbst der von den Liberalen vorgelegten Position der EU-Staaten, erklärte Sidl. Delegationsleiter Andreas Schieder ergänzte: „Alles besser als kein Gesetz.“ Dass es bereits viele Verordnungen gibt, die den Bereich des Renaturierungsvorhaben abdecken, sieht Sidl nicht. Die Gesetzesvorlage sei „einzigartig“, so der EU-Mandatar.

Abstimmung am Mittwoch

Die FPÖ-Delegation will nach eigenen Angaben jeglichen Vorschlag ablehnen. Das Vorhaben enteigne Bauern und verursache Nahrungsmittelknappheit, warnte der freiheitliche Europaparlamentarier Roman Haider. Europa werde dann von einem „Lebensmittelexporteur zu einem Lebensmittelimporteur“. Es „ist mir schleierhaft, was sich die Bürokraten in ihren Brüsseler Elfenbeintürmen bei diesem Gesetz gedacht haben“, hieß es dazu in einer Aussendung Haiders. FPÖ-Delegationsleiter Harald Vilimsky sieht keine Notwendigkeit, das auf europäischer Ebene zu regeln.

Die Landwirtschaft brauche „Klimawandelanpassungsmaßnahmen“, forderte der grüne EU-Abgeordnete Thomas Waitz. „Es geht hier nicht um strikten Naturschutz“, betonte er weiter, „es geht um eine Vereinbarkeit von Landwirtschaft und Natur“. „Besser ein schwaches Gesetz, als gar kein Gesetz“, erklärte Waitz in Hinblick auf die Position der EU-Staaten. „Die Themen sind so drängend, dass jede Maßnahme ein Schritt in die richtige Richtung“ sei, so der steirische Landwirt, der auf spätere Nachbesserungen hofft. Den Konservativen wirft Waitz vor, „Falschnachrichten“ zu verbreiten. Er hoffe, dass EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, die aus den Reihen der EVP stammt, vor der Abstimmung noch ein Machtwort sprechen wird.

Das Renaturierungsgesetz will auch die Neos-EU-Abgeordnete Claudia Gamon am Leben erhalten. „Die große, große Mehrheit meiner Fraktion“ seien Befürworter, sagte die liberale EU-Abgeordnete. Es gebe „genügend berechtigte Kritik“, aber „wir teilen das Ziel“, betonte Gamon. Mit der Abstimmung über die Position der EU-Staaten gebe man der EVP die Möglichkeit, „aus diesem Loch, das sie sich gegraben haben, wieder rauszukommen.„