Sucht

Social Media Verzicht führt zu Entzugserscheinungen

Bei der Studie selbst „schummelten“ 60 Prozent der Probanden und wurden schwach

 

red

Nomen est omen: Social Media sind für sehr viele Menschen Teil ihres Sozialverhaltens – und damit ihres Alltags – geworden. Wie und wann Menschen Social Media nutzen, wurde daher bereits umfassend untersucht. Wenig weiß man jedoch über die Reaktion solcher Nutzerinnen und Nutzer auf eine Abstinenzphase. Wie sehr fehlt ihnen die Nutzung – und was sind die Konsequenzen eines solchen „Entzugs“? Genau diesen Fragen sind zwei Wissenschafter der Karl Landsteiner Privatuniversität Krems (KL Krems) und der Universität Wien nachgegangen – und fanden aus der Suchtforschung bekannte Antworten. Diese wurden nun im Journal „Cyberpsychology, Behavior and Social Networking“ veröffentlicht.

Abstinenzverhalten weitgehend unerforscht

„Tatsächlich führte schon ein siebentägiger Verzicht auf Social Media bei den Probanden zu leichten Entzugserscheinungen, wie wir sie vom Suchtmittelgebrauch kennen“ erklärt einer der Studienautoren, Stefan Stieger vom Department Psychologie und Psychodynamik der KL Krems. „Insbesondere stieg das Verlangen – die Gier – nach der Nutzung von Social Media in der Abstinenzphase stark an. Ein Effekt, der sogar dann noch messbar war, als Social Media bereits wieder genutzt werden durften.“ Auch Langeweile und das Empfinden eines signifikant gesteigerten sozialen Drucks, die Nutzung von Social Media wiederaufzunehmen, traten ein. Letzteres entstand aus dem Gefühl heraus, dass Freunde den Austausch auf Social Media von einem erwarten würden bzw. dass man etwas verpassen könnte. „Das Spüren eines sozialen Drucks“, erläutert Stieger, „ist umso erstaunlicher, als es den Probanden erlaubt war, andere Kommunikationskanäle wie SMS und Email zu nutzen.“

Insgesamt nahmen an der Studie 152 Personen im Alter von 18 – 80 Jahren teil – davon 70 Prozent Frauen. Die Tatsache, dass über 1.000 Personen die Einladung zur Teilnahme wahrgenommen haben, davon aber nur ca. 30 Prozent überhaupt Interesse zeigten und schlussendlich nur knapp 15 Prozent sich zur Social Media-Abstinenz bereit erklärten, kommentiert Stieger so: „Es liegt die Vermutung nahe, dass sich eher solche Personen zur Teilnahme meldeten, denen der Verzicht auf Social Media leichter fällt – und deren Entzugserscheinungen somit vielleicht auch milder ausfielen als bei anderen. Die Auswirkungen könnten für andere Personen also noch ausgeprägter sein.“

Eine Beobachtung machte das Wissenschafter-Duo bei den Auswirkungen auf die Stimmung der Probanden. Es fiel auf, dass bei einigen Probanden nicht nur das Empfinden positiver Stimmungen – erwartungsgemäß – vermindert wurde, sondern sich auch das Erleben negativer reduzierte. Eine unerwartete Reaktion, die nicht den klassischen Entzugserscheinungen entsprich. Diese würden ein stärkeres Empfinden negativer Stimmung erwarten lassen. Ebenso überraschend war die hohe Anzahl an Studienteilnehmern, die „schwach“ wurden und in der siebentägigen Abstinenzphase dennoch Social Media nutzen. Zwar passierte dies selten (im Durchschnitt weniger als zweimal) und kurz (durchschnittlich 3 Minuten), insgesamt waren es aber doch fast 60 Prozent der Probanden, die „schummelten“.

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