Die Medikamente der Zukunft aus dem Gentechniklabor

Medikamente sollen wirksamer und besser verträglich werden. Dafür forschen Wissenschafter an der DNS. Mit dem Verständnis des menschlichen Genoms wollen sie maßgeschneiderte Arzneien entwickeln. Im Mittelpunkt stehen Enzyme, denn Proteine steuern verschiedene Arten von Krebs.

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Pharmakonzerne arbeiten seit einiger Zeit daran maßgeschneiderte Arzneien zu entwickeln. Dafür müssen Wissenschafter Variationen im Erbgut entschlüsseln. Ein Beispiel hierfür ist der Stoffwechsel. Enzyme, die in unserem Verdauungstrakt aktiv sind, werden eigens nach den in den Genen gespeicherten Bauplänen gebildet und steuern unter anderem jene Prozesse, mit denen die Zellen bei der Verdauung Stoffe zerlegen, umwandeln und ausscheiden.

Enzyme im Fokus der Forschung

Besonderes Augenmerk bei der Behandlung von Patienten wird auf das Enzym CYP2D6 gelegt. Es wirkt in der Leber und bestimmt bei vielen Arzneien, wie schnell sie im Körper abgebaut werden. Die Konzentration des CYP2D6-Enzyms variiert je nachdem, welche Genversion ein Mensch besitzt, und damit auch der Zeitraum, in dem Medikamente abgebaut werden.

So kann es abhängig von den Enzymen im Körper eines Menschen etwa vorkommen, dass er nach der Standarddosis eines Blutverdünners innerlich blutet oder an einem Schlaganfall stirbt, weil sich die Gerinnsel in seinen Adern noch nicht aufgelöst haben. Er kann tiefer als geplant in eine Narkose fallen oder trotz Schmerzmittelgabe empfindsam sein. Oder ein Tumormedikament wird so schnell abgebaut, dass es nicht wirkt.

Ärztinnen und Ärzte beobachten, dass Krankheiten, die in ihren Symptomen scheinbar identisch sind, auf molekularer Ebene variieren. Bei der Infektionserkrankung Hepatitis C etwa unterscheiden Mediziner mittlerweile sechs Haupttypen des Virus. Und je nachdem, welcher Erreger das Leiden ausgelöst hat, muss ein Patient zwölf, im Einzelfall aber gar 24 Wochen behandelt werden.

Proteine steuern verschiedene Arten von Krebs

Lange galt die Annahme, dass bei Krebs alle Tumore eines Organs gleich seien, etwa bei Lungenkrebs, Darmkrebs oder Hautkrebs. Heute wissen Onkologen, dass sich hinter jeder Krebsart viele und teils höchst unterschiedliche Geschwulste verbergen können. So sitzen bei manchen Krebspatienten auf der Tumoroberfläche bestimmte Proteine, über deren Signale das Wachstum der Geschwulste stimuliert wird. Die lassen sich oft mit einem Medikament blockieren. Fehlen diese Proteine, sind solche Therapeutika jedoch wirkungslos.

Inzwischen beginnen Krebsforscher daher, Medikamente auf jeden Patienten individuell zuzuschneiden. Dafür analysieren sie den individuellen Aufbau der Tumore und entwickeln Stoffe, die vor allem Krebszellen zerstören, ohne dem gesunden Gewebe wesentlich zu schaden. Anhand einer Blutprobe können Ärztinnen und Ärzte zudem prüfen, wie effizient der Stoffwechsel eines Patienten arbeitet - und die Medikamente entsprechend dosieren. Die Anpassung gelingt allerdings vor allem dann, wenn die einzelnen Gene und ihre Wirkung bekannt sind – an den meisten Körperprozessen aber sind viele verschiedene Erbanlagen beteiligt.

Zwillinge reagieren unterschiedlich auf Medikamente

Zudem werden Teile des Genoms mitunter ausgeschaltet und wieder aktiviert. Das ist vermutlich der Grund dafür, dass eineiige Zwillinge oft unterschiedlich auf Therapien ansprechen. Darüber hinaus genügt die Kenntnis der Gene allein nicht. Denn die nach den Bauplänen der Erbinformationen gebildeten Proteine sind sehr vielfältig: Jedes Gen ist der Bauplan für viele Eiweiße, sodass der Körper viele hunderttausende Proteine im Repertoire hat – und die aufeinander einwirken können.

Bis zu einer personalisierten Medizin werden wohl noch Jahrzehnte verstreichen. Bereits heute gibt es hunderte Tests, mit denen Genetiker das Risiko des Einzelnen für Herzinfarkt, Diabetes, Alzheimer oder Darmkrebs abzuschätzen versuchen. Vor diesem Hintergrund malen sich manche Forscher bereits eine Zukunft aus, in der man das Genom eines Menschen vollständig und planvoll auf sämtliche Anfälligkeiten untersuchen kann. Manche Experten sprechen bereits von einem „historischen Wendepunkt” hin zu einer Medizin, in der Ärztinnen und Ärzte nicht mehr blind ausprobieren müssen, welche Behandlung zum Einzelnen passt, sondern gezielt individualisierte Therapien entwickeln.

Große Hoffnungen richten die Forscher auf das neue Verständnis des menschlichen Genoms. Dadurch soll es  zunehmend Behandlungsmöglichkeiten geben, die sowohl wirksamer als auch besser verträglich sind als die Therapien, die derzeit existieren.

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