Forscher können neue Müllabfuhr-Helfer für Krebstherapie rekrutieren

Um gezielt krebsfördernde Proteine abzubauen, setzt man in neuen Therapieansätzen auf eine neue Wirkstoff-Generation. Einige dieser „Degrader“ werden schon in klinischen Studien erforscht oder befinden sich bereits im Einsatz. Um diese Designermoleküle, die die schädlichen Proteine für die zelleigene Müllabfuhr markieren, besser zu identifizieren, hat ein Wiener Forschungsteam nun eine neue Methode entwickelt, die es im „Journal of the American Chemical Society“ vorstellt.

red/Agenturen

Damit die Entsorgungsmannschaft in den Zellen potenziell schädliche Produkte des Zellstoffwechsels (Proteine) ins Visier nehmen kann, müssen diese markiert werden. Das kann mit „Degradern“ gezielt gemacht werden. Diese hilfreichen Designermoleküle leiten dann die krankheitsverursachenden Proteine zu einer „E3-Ligase“. Das sind Proteine der zelleigenen Müllabfuhr, die die Krankheitstreiber abbauen.

Damit der „Targeted Protein Degradation“ genannte neue Ansatz in der Krebsbehandlung auch funktioniert, müssen die „Degrader“ also an zwei Stellen binden können: an das schadhafte Protein und an die E3-Ligase. Mit der Suche nach solchen nützlichen Bindegliedern befasst sich die Gruppe von Georg Winter vom Forschungszentrum für Molekulare Medizin (CeMM) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) schon seit Jahren.

Wiener Ansatz ebnet Entwicklung neuer Krebstherapien

Der Vorteil dieser Methode liege darin, dass so auch Patient:innen behandelt werden könnten, bei denen herkömmliche Therapien nicht mehr helfen, heißt es am Montag in einer Aussendung des CeMM. Ein Problem ist aber, dass die bisher identifizierten „Degrader“ lediglich an eine überschaubare Anzahl an E3-Ligasen binden. In den menschlichen Zellen gibt es allerdings rund 600 davon. „Wir suchen nach einem Weg, für möglichst viele dieser E3-Ligasen einen passenden Degrader, ein passendes Abbaumolekül zu finden, das diese rekrutiert“, so Winter.

In der neuen Arbeit stellt das Team um Studien-Erstautor Alexander Hanzl nun eine Methode vor, mit der passende Designermoleküle für jeweils ganz bestimmte E3-Ligasen herausgefiltert werden können, berichten die Wissenschafter. Ist nämlich in bestimmten Krebszellen vor allem eine bestimmte E3-Ligase aktiv, braucht es auch den passenden Degrader dazu.

Mit dem Wiener Ansatz „können binnen drei bis sechs Tagen rund 10.000 Moleküle auf ihre Degraderfunktion für eine bestimmte E3-Ligase gescreent werden“, so Hanzl. Das eröffne neue Wege für die Entwicklung von zielgerichteten Krebstherapien, die sich von dem bisher vielfach verfolgten Ansatz unterscheiden, mit sogenannten Inhibitoren eine schädliche Funktion eines bestimmten Proteins zu blockieren.