Forscher an TU Graz entwickeln Stromspeicher auf Basis von Vanillin

Die Hardware für künftige Stromspeicher wächst möglicherweise schon in den Wäldern - und riecht nach Vanille. Forschende der TU Graz wollen mit Lignin, das ein wesentlicher Bestandteil der Pflanzenwand und zugleich eine elektrochemisch aktive Verbindung ist, die Herstellung nachhaltiger Energiespeicher ermöglichen. Vanillin aus der Papierindustrie spielt dabei eine Rolle, KI auch - und der Europäische Innovationsrat unterstützt das Projekt mit rund 4,6 Millionen Euro.

red/Agenturen

Verlässliche Energiespeicher, die selbst nachhaltig produziert wurden, sind eine Grundvoraussetzung, damit sich die Nutzung erneuerbarer Energien durchsetzen kann. Die Flüssigbatterietechnologie - man spricht auch von Redox-Flow-Batterien - ist in den letzten Jahren daher wieder in den Fokus des Interesses gerückt. Ihre Effizienz von mehr als 75 Prozent, hohe Lebenserwartung, Zyklenstabilität und zugleich geringe Neigung zur Selbstentladung sind große Vorteile. Sie haben jedoch die Nachteile, dass austretendes Elektrolyt gravierende ökologische Auswirkungen haben kann, Metalle teuer sind und meist eine schlechte Umweltbilanz aufweisen.

Stefan Spirk und seinem Team vom Institut für Biobasierte Produkte und Papiertechnik ist es in den vergangenen Jahren bereits gelungen Redox-Flow-Batterien umweltfreundlicher zu machen: Dazu haben sie einen Weg gefunden, deren Kernelement - die flüssigen Elektrolyte - aus dem aus Ligninabfällen erzeugten Vanillin herzustellen. Laut TU Graz kann das Vanillin mithilfe von milder und grüner Chemie ohne den Einsatz von giftigen und teuren Metallkatalysatoren in ein redox-aktives Material, das in Flow-Batterien eingesetzt werden kann, hergestellt werden. Der Prozess funktioniere bei Raumtemperatur und wurde bereits patentiert.

Spirk arbeitet nun in seinem Start-up Ecolyte mit Instituten der TU Graz und weiteren Projektpartnern daran, den Vanillin-Stromspeicher in sämtlichen Komponenten und Prozessen möglichst nachhaltig zu gestalten: Neben Vanillin als Speichermedium geht es auch um die Membran, die Elektrode und die Steuerung. „In 'VanillaFlow' entwickeln wir radikal neue Ansätze für die integrierte Energiespeicherung, die künstliche Intelligenz und maschinelles Lernen mit Flow-Batterie-Technologie kombinieren um derzeit eingesetzte, nicht nachhaltige, und kritische Rohstoffe in Durchflussbatterien durch leicht verfügbare erneuerbare Materialien auf Basis von Stärke und Lignocellulose zu ersetzen“, so die Projektverantwortlichen vonseiten der TU Graz.

Gesamter Speicher soll nachhaltiger konzipiert werden

Der Europäische Innovationsrat (EIC) steuert im Rahmen der „Pathfinder Open“-Initiative in den kommenden drei Jahren rund 4,6 Millionen Euro bei. Mit seinem Pathfinder-Programm fördert der EIC mutige Ideen für radikal neue Technologien in einer frühen Phase. Durch interdisziplinäre Zusammenarbeit sollen technologische Durchbrüche ermöglicht werden.

In „VanillaFlow“ werden auch die Möglichkeiten des Machine Learnings genutzt. Damit lassen sich laut Mitteilung der TU Graz Vorhersagen für Modelle vielversprechender Vanillin-Verbindungen rascher erstellen. Sie sollen mit dem Institut für Molekulare Biotechnologie im Labor entwickelt und getestet werden, um letztlich die ideale Zusammensetzung der Speicherflüssigkeit herauszufinden. Die Projektleitung an der TU Graz hat Ulrich Hirn (Institut für Biobasierte Produkte und Papiertechnik) über. Zusammen mit der TU Darmstadt unterstützt er das Team von Ecolyte auch dabei, die Membranen weiterzuentwickeln.

Auch hier geht es darum, bisherige Materialien durch nachhaltigere Stoffe zu ersetzen. Dazu ist bereits eine papierbasierte Version entstanden, die nun auch mit Forschenden der TU Darmstadt weiterentwickelt wird. Auch hier wurde schon das Patent angemeldet. Für die Elektrode möchte man auf ein Kohlenstoff-Vlies zurückgreifen, das durch Komprimierung weniger Widerstand bieten und weniger Ablagerungen bilden soll. Durch neue Beschichtungen und Behandlungen sollen noch bessere Leistung erzielt werden.

Die Komponenten werden mithilfe eines digitalen Zwillings im Zusammenspiel getestet. Zugleich wird auch die Steuerung des Speichers weiterentwickelt. Die gesamte Forschung werde auch von toxikologischen Untersuchungen und technoökonomischen Überprüfungen begleitet, hieß es seitens der TU Graz. Den ersten Prototyp des durch KI mitdesignten Speichers will man zunächst in das Netz der TU Graz einbinden. Dazu soll vorerst eine Speicherleistung von zehn kW möglich sein, für zukünftige Anwendungen sei die Leistung je nach Bedarf skalierbar.

https://cordis.europa.eu/project/id/101115293 

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