Menschliches Erbgut

Widerständiges Y-Chromosom komplettiert die Analyse

Man schrieb das Jahr 2001, als die erfolgreiche Sequenzierung des ganzen menschlichen Erbguts von Genomforschern mitgeteilt wurde. Mit einer Ausnahme: Das männliche Geschlechtschromosom (Y-Chromosom) leistete noch Widerstand. Erst im Sommer des Jahres 2023 gelang es einem internationalen Team mit österreichischer Beteiligung, alle Teile seiner Sequenz zu erfassen und zu einer ganzen Chromosomensequenz zusammenzufügen. Sie wurde im Fachjournal „Nature“ veröffentlicht.

red/Agenturen

„Das menschliche Chromosom Y war berüchtigt, weil es wegen seiner sich oft wiederholenden Sequenz schwierig zu sequenzieren und zusammenzusetzen war“, schrieben die Forscher um Adam Phillippy vom National Institutes of Health (NIH) in Bethesda (USA) in der Fachpublikation. Infolgedessen fehlte bis vor Kurzem mehr als die Hälfte davon im Referenz-Genom (Erbgut).

„Es ist wie bei einem Puzzlespiel, wo fast jeder zunächst die Ecken und Kanten sowie Teile mit prägnanten Merkmalen macht, aber keiner gerne die einheitlichen Himmel- und Grasflächen zusammenstückelt“, so der österreichische Bioinformatiker Fritz Sedlazeck: „Das Y-Chromosom besteht zu rund 85 Prozent aus solcher Grasfläche, also sehr stark repetitiven (sich wiederholenden Anm.) Sequenzen.“

Mehr als 62 Mio. Buchstaben

Ein über 80-köpfiges Team puzzelte nun über ein Jahr, um es fertigzustellen. „Wir haben dafür unsere Computer-Algorithmen verfeinert, aber auch viel gleichsam per Hand ausprobiert, wie man die Teile am besten zusammenstecken muss“, so Sedlazeck, der am Human Genome Sequencing Center des Baylor College of Medicine in Houston (USA) arbeitet.

Der Mühe Lohn ist, dass man nun die gesamte Sequenz von „Telomer zu Telomer“ kennt, also von einer Endkappe des Chromosoms zur anderen. Sie umfasst mehr als 62 Millionen „Buchstaben“ (Basenpaare) und enthält 693 Gene. „Sie sind zum Beispiel für die Produktion der Spermien wichtig“, erklärte der Forscher. 110 davon waren zuvor nicht bekannt. Wie die Gegenstände auf einem Puzzlebild wurden sie erst nach dem Zusammensetzen des Chromosoms erkennbar.

Studie

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