Neue Atomreaktoren

Franzosen sorgen sich über Auswirkungen des Klimawandels auf AKW

Der geplante Bau von sechs neuen Atomreaktoren in Frankreich beunruhigt viele Franzosen mit Blick auf den Klimawandel. „Es ist eine der großen Fragen, was der Anstieg des Meeresspiegels und die Erosion der Küsten für die betroffenen Atomkraftwerke bedeutet“, heißt es in einem am Mittwoch vorgestellten Abschlussbericht einer nationalen Bürgerdebatte. Die ersten beiden neuen Reaktoren sollen in Penly an der Küste des Ärmelkanals entstehen.

red/Agenturen

Der Atomkraftwerksbetreiber EDF habe wegen des erwarteten Anstiegs des Meeresspiegels einen zwei Meter hohen Sockel für die beiden Reaktoren eingeplant, heißt es in dem Bericht. Die Hitzewellen und die Trockenheit im vergangenen Jahr hätten ihrerseits Fragen nach der Zukunft der Atomkraftwerke aufgeworfen, die Flusswasser zum Abkühlen nutzen. So sollen zwei der geplanten sechs Reaktoren am Ufer des Flusses Rhone gebaut werden. Im vergangenen Sommer waren mehrere Reaktoren gedrosselt worden, weil Flüsse zu wenig Wasser führten und das zurückgeleitete Kühlwasser sie deswegen zu stark erhitzt hätte.

„Es sind viele Fragen aufgeworfen worden, auf die es noch keine Antworten gibt“, sagte Michel Badré, der die seit Oktober andauernde öffentliche Debatte geleitet hatte. „Jetzt liegt es an den Entscheidern, zu zeigen, dass die Bürgerbeteiligung zu etwas Nutze ist.“ Mit der Organisation einer öffentlichen Debatte war der Kraftwerksbetreiber EDF einer gesetzlichen Verpflichtung nachgekommen. Insgesamt beteiligten sich etwa 5.000 Französinnen und Franzosen an den Diskussionen bei öffentlichen Versammlungen und in Online-Foren.

Die Debatte schien allerdings aus dem Ruder zu laufen, als die Regierung bereits Nägel mit Köpfen machte, ohne das Ergebnis der Debatte abzuwarten. So wurde ein Gesetz zum beschleunigten Ausbau der Atomkraft auf den Weg gebracht, das bürokratische Hürden für den Bau neuer Kraftwerke abschaffen sollte. Der Gesetzesentwurf, der noch durch den Vermittlungsausschuss muss, storniert auch das bisher geltende Ziel, den Anteil des Atomstroms von ursprünglich mehr als 70 auf 50 Prozent herunterzufahren. Dies habe bei vielen Debatten-Teilnehmern „den Eindruck geweckt, dass die Entscheidungen bereits gefällt wurden“, heißt es in dem Abschlussbericht.

Frankreichs Premierministerin Elisabeth Borne bekräftigte unterdessen, dass die Regierung im Juni ihr Energie-Programm vorstellen will, um die großen Linien festzulegen und den Strommix für die kommenden zu Jahre bestimmen. Dieses solle im Herbst in ein Gesetz einfließen. Macron hatte den Bau von mindestens sechs, möglicherweise aber auch 14 neuen Reaktoren im Februar 2022 angekündigt. Er will erreichen, dass bis zum Ende seiner zweiten Amtszeit 2027 zumindest das Fundament der ersten Reaktoren in Beton gegossen wird.