Menschen mit Behinderung

62 Prozent erlebten schon Diskriminierung

In Wien hat der Großteil der Menschen mit Behinderung bereits Diskriminierung erlebt. Das geht aus einer Umfrage hervor, die der Fonds Soziales Wien gemeinsam mit dem Frauenservice Wien (MA 57) durchgeführt hat. 62 Prozent der befragten Personen gaben an, dass sie aufgrund ihrer Beeinträchtigung bereits Benachteiligung erfahren haben - wobei etwa zwei Drittel der Frauen und 56 Prozent der Männer über entsprechende Erlebnisse berichteten.

red/Agenturen

Am stärksten sind offenbar Personen mit Hörbehinderung bzw. gehörlose Menschen betroffen. 84 Prozent gaben hier an, schon Diskriminierung erfahren zu haben. Generell handelte es sich in den meisten Fällen um Benachteiligung im Alltag durch Privatpersonen. Angeführt wurden respektloses Verhalten, Beschimpfungen und Beleidigungen. Auch Diskriminierungsvorfälle auf dem Arbeitsmarkt oder im Ausbildungsbereich werden häufig erlebt. Menschen mit Behinderung würden etwa oft Karriereoptionen verwehrt, heißt es. Befragte mit körperlicher Beeinträchtigung bzw. Mobilitätseinschränkung haben am häufigsten Diskriminierung bei der Nutzung des öffentlichen Raumes oder öffentlicher Verkehrsmittel erlebt. Hier wurde vor allem unzureichende Barrierefreiheit beklagt.

Auch die Finanzsituation der Betroffenen ist vergleichsweise schlecht. Ein knappes Drittel der Befragten erhielt Lohn bzw. Gehalt, ein weiteres Drittel bezieht eine Leistungsanerkennung in einer Tagesstruktur. 26 Prozent erhalten Berufsunfähigkeitspension, Invaliditätspension oder Erwerbsunfähigkeitspension. Weitere 20 Prozent beziehen bedarfsorientierte Mindestsicherung. Die Analyse nach Höhe des Einkommens hat demnach gezeigt, dass ein großer Teil der Befragten nur über geringe Einkommen verfügt: Fast jeder zweite Befragte hat pro Monat maximal 1.100 Euro netto zur Verfügung.

Mit Höhe des Bildungsabschlusses steigt laut Studie übrigens der Anteil jener, die angeben, bereits Diskriminierung erlebt zu haben. Das könnte ein Hinweis darauf sein, dass in dieser Gruppe Benachteiligungen im Alltag eher als Diskriminierung klassifiziert werden, wird in der Studie ausgeführt. An der Befragung haben laut den Initiatoren 1.946 Personen teilgenommen. Mehr als ein Drittel der Personen gab eine körperliche Behinderung an, jeweils ein Viertel eine psychische Erkrankung, Lernschwierigkeiten oder eine chronische Erkrankung. Mehr als ein Drittel hat mit einer Sinnesbehinderung zu kämpfen. Mehrfachnennungen waren möglich. Die Studie wird heute, Mittwoch, in der gemeinderätlichen Kommission für Integration und Barrierefreiheit vorgestellt, in der alle Rathausfraktionen vertreten sind.

„Die Ergebnisse sind ein Auftrag an uns, Hürden abzubauen", betonte Sozialstadtrat Peter Hacker (SPÖ) in einer Mitteilung: „Vieles haben wir schon umgesetzt. Der Fonds Soziales Wien hat die Anzahl der betreuten Wohnplätze in den letzten Jahren fast um die Hälfte ausgebaut, wir bilden Streitschlichterinnen und Streitschlichter aus und forcieren die Integration in den ersten Arbeitsmarkt. Diesen Weg werden wir fortsetzen und weitere Barrieren für Menschen mit Behinderung beseitigen.“ Auch Frauenstadträtin Kathrin Gaal (SPÖ) hielt fest: „Unsere Aufgabe als Stadt Wien ist es, für die Zukunft noch mehr Hürden aus dem Weg zu räumen. Uns ist es ein Anliegen, Barrieren abzubauen und mehr Selbstbestimmung und Teilnahme möglich zu machen."