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Digitalisierung im Gesundheitswesen

Ärztekammer will mehr Einbindung bei Reform

Die Österreichische Ärztekammer fordert eine Einbindung in die Gesundheitsreform. Die Ärztekammer werde als Verhinderer und Blockierer dargestellt, aber „wir sind alles andere als Fortschrittsverweigerer“, sagte der geschäftsführende Ärztekammer-Vizepräsident Harald Schlögel am Mittwoch bei einer Pressekonferenz in Wien. Im Bereich Digitalisierung seien dringende Maßnahmen nötig, in deren Gestaltung die Ärztekammer einbezogen werden will.

red/Agenturen

Konkret fordert die Ärztekammer in einem Fünf-Punkte-Plan die Einbindung der Ärzt:innen in alle Digitalisierungsprojekte sowie eine Zusammenführung der drei staatlichen IT-Firmen unter einem Dach und die Schaffung einer digitalen Gesundheitsbehörde. Zudem soll eine Digitalisierungsoffensive für die Spitäler Ärzt:innen entlasten. Gefordert wird zudem eine Optimierung von ELGA sowie die Schaffung von Auswertungsmöglichkeiten von Gesundheitsdaten für wissenschaftliche Zwecke.

Scharfe Kritik übte die Ärztekammer einmal mehr an der Elektronischen Gesundheitsakte (ELGA). Zehn Jahre nach der Einführung von ELGA gebe es immer noch frustrierende Baustellen, beklagen die Ärztevertreter. Das System sei „elendiglich langsam“ und unvollständig befüllt, so der Vizepräsident der Österreichischen Ärztekammer und Bundeskurienobmann der angestellten Ärzte, Harald Mayer. „Im 21. Jahrhundert ist die Spitals-IT noch nicht angenommen.“

Der stellvertretende Kurienobmann der niedergelassenen Ärzte, Dietmar Bayer, verglich den Umgang mit ELGA im Ordinationsalltag mit einem Schnitzel beim besten Schnitzelwirt der Welt, das man nur mit einem Löffel als Besteck serviert bekomme. „So geht es uns Ärzt:innen mit ELGA“, so Bayer. Mit der elektronischen Gesundheitsakte hätten sie ein Riesenpotenzial und technische Spitzenklasse, es mangle aber an der Umsetzung. In der täglichen Arbeit sei es aber immer noch eine Megaarbeit, sich durch die Patientenakte durchzuwühlen.

„Leere Worthülsen“

Die Ärztekammer kritisierte auch, dass einige Patient:innen die Dateneingabe verweigern und aus der E-Medikation hinausoptieren würden, weshalb man sich Ärzt:innen nie sicher sein könne, ob alle Befunde in der Patientenakte vorhanden seien, so Bayer.

Der Forderung nach einer verpflichtenden Einbindung der Wahlärzte in die Nutzung von ELGA erteilte die Ärztekammer aber erneut eine Absage und sah darin keinen Widerspruch. Wenn das Angebot von ELGA so gut sei, dass es den Wahlärzten einen Nutzen bieten würde, dann würden auch mehr Privatärzte das ELGA-Tool nutzen, argumentierte Schögel.

Zu den am Vortag angekündigten Regierungsplänen äußerte sich die Ärztekammer skeptisch.  „Leere Worthülsen seien wenig wert“, kritisierte Mayer die angekündigte Schaffung von 100 neuen Kassenstellen und verwies auf die 600 unbesetzten Kassenstellen. Vielmehr müssten die Arbeitsbedingungen für Ärzte verbessert werden. Ärztekammer-Vizepräsident Schlögel bezweifelte außerdem, ob die Finanzierung mit Startkapital wirklich einen Anreiz zur Eröffnung neuer Kassenpraxen darstelle.

Die Regierung reagierte am Mittwoch erfreut, dass die Ärztekammer beim Ausbau der Digitalisierung im Gesundheitsbereich „auf den Zug aufspringt“. Mit dem Bekenntnis zu einer Diagnosecodierung und einem Lückenschluss der ELGA verfolge die Ärztekammer die gleichen Schwerpunkte wie Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) und Digitalisierungsstaatssekretär Florian Tursky (ÖVP), erklärte Tursky in einer gemeinsamen Stellungnahme: „Wir freuen uns, wenn die Ärztekammer hier an Board ist und werden sie an ihren Taten messen.“ Rauch sprach sich einmal mehr für eine verpflichtende Diagnosecodierung im niedergelassenen Bereich und eine Stärkung der ELGA mit Blick auf den Europäischen Gesundheitsdatenraum aus.

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