Erfolg mit künstlichen Aortenklappen per Katheter

Noch vor 20 Jahren bedeutete für Hochbetagte eine Verengung der Aortenklappe eine lebensgefährliche Erkrankung. Operationen waren extrem belastend und risikoreich. Das hat sich völlig verändert, wie eine neue europäische Registerstudie unter österreichischer Beteiligung belegt: 72 Prozent der Patienten mit Klappenersatz durch einen Kathetereingriff ohne Komplikationen werden binnen drei Tagen aus dem Spital entlassen.

red/Agenturen

„Behandlungsbedürftige Aortenklappenstenosen gehören in den westlichen Industrieländern zu den häufigsten Herzklappenerkrankungen“, schrieb das Deutsche Ärzteblatt im vergangenen Jahr. Verengungen der Klappe zwischen Herz und Körperhauptschlagader sind darüber hinaus neben der koronaren Herzkrankheit und dem Bluthochdruck die dritthäufigste Herz-Kreislauf-Krankheit überhaupt. In der Altersgruppe über 75 sind davon drei bis fünf Prozent der Menschen betroffen. Die Lebenserwartung bei entsprechender Schwere der Erkrankung beträgt ohne Eingriff nur einige Monate bis wenige Jahre.

Das Einsetzen einer künstlichen Aortenklappe brachte den Umschwung. Allerdings konnte das zunächst nur mit einem chirurgischen Eingriff unter Öffnung des Brustraums, Stilllegung des Herzschlags und Verwendung einer Herz-Lungen-Maschine erfolgen. Wegen der möglichen Komplikationen und der Belastungen für die Betroffenen schieden dafür gerade Hochbetagte und Menschen mit sonst schlechtem Gesundheitszustand aus.

Doch etwa ab der Jahrtausendwende gab es eine revolutionäre Entwicklung: Die künstlichen Klappen konnten zunehmend über einen schonenden Kathetereingriff „installiert“ (TAVI) werden. Das erfolgte über einen Zugang über die Leistenarterie, die „neue“ Klappe an der Spitze des Katheters wurde dann am richtigen Ort einfach aufgefaltet. Was zunächst nur für Personen mit höchstem Risiko verwendet wurde, hat sich seither breit durchgesetzt. Erst vor wenigen Wochen berichteten japanische Kardiologen von einer Sterblichkeit noch im Spital bei Patienten mit TAVI-Eingriff nach schwerer Aortenklappenstenose von 0,6 Prozent. Bei herzchirurgischer Versorgung betrug die Sterblichkeit 0,8 Prozent. Allerdings waren die TAVI-Patienten mit im Durchschnitt 84,4 Jahren wesentlich älter als die Personen aus der Vergleichsgruppe mit Herzchirurgie (73,6 Jahre).

Von invasiver Chirurgie zu schonenden Kathetereingriffen

Jetzt haben Proponenten des europäischen sogenannten „TAVI Pathway„-Registers die Praxis bei solchen Kathetereingriffen von 147 Zentren in 26 Staaten abgefragt (Frontiers in Cardiovascular Medicine; doi.org/10.3389/fcvm.2023.1227217 ). 2021 waren an ihnen insgesamt 27.223 Patienten mit einer künstlichen Aortenklappe ohne Herzchirurgie versorgt worden. Unter den Zentren befand sich auch die Kardiologie der Klinik Ottakring in Wien.

Wie „einfach“ die Kathetertechnik den Aortenklappenersatz macht, zeigen die Daten aus der Anästhesie: Bei einem Kathetereinsatz über die Femoralarterie (Oberschenkel, Leiste) wird bereits in einem Drittel der Fälle ausschließlich eine Lokalanästhesie verwendet, nur sieben Prozent der Eingriffe erfolgen unter Narkose. 28 Prozent der Patienten nach einem TAVI-Kathetereingriff ohne Komplikationen kommen auf eine Intensivstation, 52 Prozent auf eine Überwachungsstation und 20 Prozent auf eine Station mit niedrigem Überwachungsstatus.

Während ehemals bei den großen herzchirurgischen Eingriffen oft lange Spitalsaufenthalte notwendig waren, hat sich auch diese Situation völlig verändert. „Die Zeit bis zur Spitalsentlassung beträgt bei zwölf Prozent der Patienten einen Tag, bei 31 Prozent zwei Tage, bei 29 Prozent drei Tage und bei 28 Prozent vier oder mehr Tage“, schrieben die Fachleute. Die Zahl der Kathetereingriffe für einen Aortenklappenersatz ist demnach in Europa hoch und steigt an. Die schnelle Spitalsentlassung nach nur einem Tag erfolge jedoch noch relativ selten, stellten die Autoren der Studie fest.

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MUI/D. Bullock