ILC 2023

Fettleber/NASH: „Es sind aufregende Zeiten“

Medikamentöse Therapien gegen NASH (die nichtalkoholische Steatohepatitis, also eine Fettleber mit Entzündungen) gibt es derzeit keine, wiewohl die Erkrankung alles andere als selten ist und ein solches dringend nötig wäre: Die globale Prävalenz der NAFLD, also der nichtalkoholischen Fettleber, aus der sich eine NASH und schlußendlich eine Leberzirrhose entwickeln kann, beträgt etwa 25 Prozent, Tendenz steigend. Am internationalen Leberkongress (ILC) der European Association for the Study of the Liver (EASL), der derzeit in Wien stattfindet, wurde ein Medikament vorgestellt, das ein solcher Gamechanger sein könnte.

Eva Kaiserseder/Claudia Tschabuschnig

„Huge“, sprich „riesig“ wird die Bedeutung des neuen Medikaments „Resmetirom“ im klinischen Alltag und in der Therapie sein. So die Antwort des US-Hepatologen Stephen Harrison auf die diesbezügliche Frage einer Journalistin am Internationalen Leberkongress (ILC). „Resmetirom“ verspricht eine deutliche Verbesserung mehrerer relevanter Parameter bei Patient:innen mit NASH und Fibrose und einen deutlichen Rückgang von NASH insgesamt. Harrison stellte am Kongress nun die Ergebnisse der schon zulassungsrelevanten Phase-3-Studie vor. 966 Patient:innen mit NASH und Fibrose an rund 200 Standorten weltweit nahmen daran teil, die Studie dauerte 52 Wochen.

NAFLD und NASH

Die nichtalkoholische Fettlebererkrankung (NAFLD) ist weltweit sehr häufig, ihre Prävalenz alleine in Europa wird mit rund einem Viertel der Bevölkerung angegeben. Dabei zeigen 10–30 Prozent der Patient:innen einen progredienten Verlauf, der auch als nichtalkoholische Steatohepatitis (NASH) bezeichnet wird. Eine wirksame medikamentöse Möglichkeit, der Erkrankung zu begegnen, gab es bisher nicht. Lifestyle-Adaptionen, etwa eine Ernährungsumstellung zur Reduktion von Übergewicht, waren bisher der einzig gangbare Weg, der aber für viele Patient.innen eine große Herausforderung darstellt.

Harrisons Fazit wesit deutliche Benefits für betroffene Patient:innen auf: Dazu gehört die Rückbildung von NASH und die Verringerung der Fibrose (kombiniert) sowie eine Verringerung der Fibrose in zwei Stadien. Zudem wurde bei wesentlichen Biomarkern wie den für die Lebergesundheit relevanten Enzymen ALT, (Alanin-Aminotransferase), AST (Aspartat-Aminotransferase ) und GGT (Gamma-Glutamyl-Transferase) eine Senkung erreicht. Auch bei Werten wie ELF(Enhanced Liver Fibrosis), MRI-PDFF (ein quantitativer bildgebender Biomarker, der die Bewertung des Leberfetts in der gesamten Leber ermöglicht), bei CAP (der Bestimmung des Fettgehaltes der Leber) und bei der Elastographie der Leber (FibroScan VCTE) ergaben sich verbesserte bzw. reduzierte Werte.

Wann der Hoffnungsschimmer für viele Patient:innen mit NASH auf den Markt kommen wird?  Harrison prognostiziert, so alles nach Plan läuft, eine Zulassung durch die FDA Anfang 2024. „Es sind wahrlich aufregende Zeiten,“ so der Wissenschaftler, der momentan als Gastprofessor für Hepatologie an der britischen Oxford University lehrt und forscht. Er freue sich jedenfalls, bei der Eroberung dieses Neulands quasi an vorderster Front dabeizusein.

Jährlich wartet der Internationale Leberkongress (ILC), der von der Europäischen Vereinigung für das Studium der Leber (EASL) ausgerichtet wird, mit wissenschaftlichen Durchbrüchen auf. Dieses Jahr findet er von 21. bis 24. Juni in der Messe Wien statt und verspricht Highlights zu Studien zur Behandlung der schweren alkoholischen Leberzirrhose. Auch werden Ergebnisse aus zwei Phase-III-Studien mit neuen Medikamenten zur Behandlung von Fettlebererkrankungen erwartet, ebenso wie einige bahnbrechende Studien zu Fäkaltransplantationen sowie Naltrexon zur Unterstützung der Alkoholabstinenz bei Patient:innen mit Leberzirrhose.

Der ILC zieht wissenschaftliche und medizinische Experten aus der ganzen Welt an, die sich über die neuesten Erkenntnisse der Leberforschung informieren und klinische Erfahrungen austauschen. Rund 8.000 Forscher, Ärzt:innen sowie Vertreter aus Industrie, Politik und Fachmedien, außerdem Betroffene aus etwa 120 Ländern in der Stadt nehmen an dem Kongress teil. Die teilnehmenden Fachleute präsentieren, diskutieren und ziehen Schlussfolgerungen aus den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen und Forschungsergebnissen in der Hepatologie und arbeiten daran, die Behandlung und das Management von Lebererkrankungen in der klinischen Praxis zu verbessern.

Seit ihrer Gründung im Jahr 1966 ist die gemeinnützige Organisation EASL auf über 4.500 Mitglieder aus aller Welt angewachsen, darunter viele der führenden Hepatologen in Europa und darüber hinaus. EASL ist die führende Lebervereinigung in Europa, die sich zu einem bedeutenden europäischen Verband mit internationalem Einfluss entwickelt hat und eine beeindruckende Erfolgsbilanz bei der Förderung der Forschung auf dem Gebiet der Lebererkrankungen, der Unterstützung einer breiteren Ausbildung und der Förderung von Veränderungen in der europäischen Leberpolitik vorweisen kann. 

Stephen Harrison EASL Congress
Der US-amerikanische Hepatologe Stephen Harrison wartet mit vielversprechenden Ergebnissen rund um NASH auf.
Stephen Forrest_EASL Congress