Analyse

Zahlreiche Hitzewellen in den vergangenen zwölf Monaten

Von November 2022 bis Oktober 2023 erlebte die Erde den bisher heißesten Zwölf-Monats-Zeitraum seit 125.000 Jahren. Die weltweite Durchschnittstemperatur lag dabei bei rund 1,3 Grad Celsius über dem Wert vor der Industriellen Revolution. Dies geht aus einer Analyse der gemeinnützigen Nachrichtenorganisation Climate Central in Princeton (US-Staat New Jersey) hervor.

red/Agenturen

Der Auswertung lagen Temperaturaufzeichnungen aus 175 Ländern, 154 Bundesstaaten oder Provinzen und 920 Großstädte zugrunde. Das Expertenteam um Andrew Pershing von Climate Central veröffentlichte die Analyse auf dem eigenen Informationsportal.

Die Hitze betrifft demnach nicht nur ärmere Staaten. „Während die Auswirkungen des Klimas in Entwicklungsländern in der Nähe des Äquators am stärksten sind, unterstreichen die klimabedingten Phasen extremer Hitze in den USA, Indien, Japan und Europa, dass niemand vor dem Klimawandel sicher ist“, hebt Pershing hervor.

Denn ein besonderer Hitzespot war im untersuchten Zeitraum die Stadt Houston in Texas (USA): Ab dem 31. Juli 2023 herrschte dort 22 Tage lang eine extreme Hitze, länger als in jeder anderen Stadt der Welt. Als extreme Hitze werteten die Klimaexperten hohe Temperaturen, die von 1991 bis 2020 an einem Standort zu der jeweiligen Zeit erwartungsgemäß zu weniger als einem Prozent aufgetreten wären. In der Rangliste folgten mit jeweils 17 Tagen extremer Hitze die Städte New Orleans (Louisiana, USA), Jakarta und Tangerang (beide Indonesien).

An 14 Tagen erreichte die Temperatur dort einen Wert, der durch den Klimawandel mindestens fünfmal so wahrscheinlich geworden ist wie ohne den Klimawandel. Solche Werte werden durch Attributionsstudien (Zuordnungsstudien) ermittelt. Dabei werden für ein Wetterereignis in Computer-Klimamodellen die heutige Wahrscheinlichkeit und die Wahrscheinlichkeit in einer Welt ohne den Klimawandel (oder vor der Industriellen Revolution) ermittelt und die Ergebnisse miteinander verglichen.

Indien, Syrien, Irak und Iran

In Indien hatten 1,2 Milliarden Einwohner (86 Prozent der Bevölkerung) an 30 oder mehr Tagen Temperaturen, die durch den Klimawandel dreimal (rpt dreimal) so wahrscheinlich geworden sind. In China waren es 513 Millionen Einwohner - 35 Prozent der Bevölkerung. Und in den Vereinigten Staaten widerfuhren 88 Millionen - 26 Prozent der Bevölkerung - mindestens 30 Tage lang solche Temperaturen.

Insgesamt waren in den vergangenen zwölf Monaten 24 Prozent der Weltbevölkerung (1,9 Milliarden Menschen) extremen und gefährlichen Hitzewellen ausgesetzt. Sogar 90 Prozent aller Menschen erlebten mindestens zehn Tage mit hohen Temperaturen, die durch den Klimawandel deutlich wahrscheinlicher geworden sind. Der vom Menschen verursachte Klimawandel führte laut Analyse aber auch zu Rekordniederschlägen, die die Schwere und Häufigkeit von tödlichen Überschwemmungen erhöhten.

In einer weiteren Attributionsstudie befasste sich eine Forschergruppe um Friederike Otto vom Imperial College London (Großbritannien) mit der derzeitigen Dürre in Syrien, Irak und Iran. In einer Welt ohne Klimawandel wäre die Dürre „so viel weniger schwerwiegend, dass man sie heutzutage überhaupt nicht mehr als Dürre einstufen würde“, schreiben die Autoren der Studie der Wissenschafter-Initiative World Weather Attribution. In den vergangenen drei Jahren ist in der Region bis zu 95 Prozent weniger Regen gefallen als im langjährigen Durchschnitt. Zusammen mit zahlreichen Hitzewellen sorgte dies für starke Ernteeinbußen und zwölf Millionen Hungernde allein in Syrien.

Erst am Mittwoch hatte der EU-Klimawandeldienst Copernicus aufgrund anderer Messungen berichtet, dass die Temperatur der ersten zehn Monate 2023 um 1,43 Grad Celsius über dem vorindustriellen Durchschnitt lag. Demnach war der Oktober 2023 zudem nicht nur der wärmste seit Beginn der Aufzeichnungen, sondern laut Daten des Weltklimarats IPCC sogar der wärmste seit 125.000 Jahren. Das laufende Jahr werde so gut wie sicher das wärmste bisher gemessene.