Dermatolog:innen: Kaum Zeitdruck bei Psoriasis-Behandlung

Etwa zwei Prozent der Menschen leiden an Schuppenflechte (Psoriasis). Bei einem schweren Erscheinungsbild erfolgt die Behandlung auch mit hoch effektiven Biotech-Medikamenten. Laut einer neuen Studie von österreichischen Dermatolog:innen ist dafür aber kein Zeitdruck gegeben. Ein solches spezifisch wirksames Arzneimittel, der monoklonale Antikörper Tildrakizumab, wirkt unabhängig von der Krankheitsdauer.

red/Agenturen

Die wissenschaftliche Studie von Johannes Griss (Universitäts-Hautklinik MedUni Wien, AKH) und den Co-Autoren, unter ihnen Gudrun Ratzinger von der MedUni Innsbruck und Wolfgang Weger (MedUni Graz) sowie Experten der Universitätskliniken Lübeck, Zürich und Badalona in Spanien ist in der Oktoberausgabe von „Skin Health and Disease“ als „Research Letter“ erschienen. „In der wissenschaftlichen Literatur gibt es keine Übereinstimmung zur Frage, ob eine frühe systemische Therapie (Arzneimittel, welche den ganzen Organismus beeinflussen und nicht nur lokal angewendet werden; Anm.) bei Psoriasis eine bessere Wirkung hat“, schrieben die Expert:innen.

In der jüngeren Vergangenheit haben Biotech-Medikamente eine Revolution in der Behandlung mittlerer bis schwerer Schuppenflechte gebracht. Oft handelt es sich dabei um monoklonale Antikörper, die gezielt in entzündungsfördernde immunologische Prozesse eingreifen. Dabei werden beispielsweise Immunbotenstoffe wie Interleukin-17A, Interleukin- 12/23 oder der Tumornekrosefaktor alpha gehemmt. Mit den Medikamenten kann relativ häufig sogar ein vollständiger Rückgang der Symptome erzielt werden.

Die Frage bleibt aber, wie früh eine solche Behandlung einsetzen sollte. Die Wissenschafter haben dies für die Therapie von mittlerer bis schwerer Psoriasis mit dem monoklonalen Antikörper Tildrakizumab durch eine neuerliche Analyse von drei klinischen Studien (zwei davon doppelt verblindet und mit Placebogruppen) zu klären versucht. Der Wirkstoff ist ein monoklonaler Antikörper, der sich gegen Interleukin-23 richtet. Dieser Immunbotenstoff steht im Zentrum auch chronisch entzündlicher Prozesse. In den im Rahmen der neuen Analyse ausgewerteten Studien (reSURFACE 1 und 2 sowie eine dritte ohne Verblindung) konnte mit der Behandlung bei mehr als 60 Prozent bis zu zwei Drittel der Patient:innen eine Verbesserung der Symptome um mindestens 75 Prozent erreicht werden. Bei Verwendung eines Placebos lag dieser Anteil im niedrigen einstelligen Prozentbereich.

Laut der neuen Datenauswertung durch die Dermatolog:innen nach der Erkrankungsdauer der Probanden an mittelschwerer bis schwerer Psoriasis spielt der Beginn einer Behandlung mit dem monoklonalen Antikörper offenbar keine signifikante Rolle: Bei weniger als fünfjähriger Krankheitsdauer bis zu der Behandlung mit dem Biotech-Medikament erreichten in den Studien 72,6 oder 75,9 Prozent der Patient:innen einen Psoriasis-Score (PASI) von 3 oder weniger. Diese Skala geht von 0 bis 72 und hat als Grundlage die Größe der von Schuppenflechte betroffenen Hautareale und die Schwere der Hautsymptome. Ein Wert von weniger als 10 wird als milde Psoriasis bezeichnet. Bei einem Einsetzen der Therapie nach einer Erkrankungsdauer von fünf bis zehn Jahren erreichten je nach Studie 63,5 oder gar 73,4 Prozent einen PASI-Wert von 3 oder weniger, bei einer zehn oder mehr Jahre dauernden Erkrankung lagen diese Prozentanteile bei 62,4 und 67,8 Prozent.

„Insgesamt gab es keinen signifikanten Effekt der (vorherigen; Anm.) Krankheitsdauer auf die Ansprechraten mit Tildrakizumab“, schrieben die Dermatolog:innen. Das sei auch ganz ähnlich wie bei der Therapie mit anderen monoklonalen Antikörpern, welche Interleukin-23 als Ziel haben. Das spricht für einen gezielten Einsatz bei mittlerer bis schwerer Schuppenflechte, eine möglichst frühe Behandlung hat aber offenbar keine größeren Vorteile.