Physik-Nobelpreisträger

Ferenc Krausz: Pionier auf dem Gebiet der Attosekundenphysik

Der diesjährige Physik-Nobelpreisträger Ferenc Krausz (61) gilt als Pionier auf dem Gebiet der Attosekundenphysik. Die grundlegenden Arbeiten, die zur begehrten Auszeichnung geführt haben, hat der Physiker, der die ungarische und die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt, an der Technischen Universität (TU) Wien durchgeführt. Er konnte extrem kurze Lichtblitze erzeugen, die es erstmals ermöglichten, die ultraschnellen Bewegungen von Elektronen sichtbar zu machen.

red/Agenturen

Krausz, geboren am 17. Mai 1962 in Mor (Ungarn), studierte von 1981 bis 1985 Theoretische Physik an der Eötvös Loránd Universität Budapest und Elektrotechnik an der Technischen Universität Budapest - letzteres Studium schloss er 1985 mit dem Diplom ab. Er wechselte dann an die TU Wien, wo er 1991 in Quantenelektronik promovierte. Krausz blieb an der TU Wien, habilitierte sich 1993 dort und wurde 1999 ordentlicher Professor. Der Wissenschaftsfonds FWF zeichnete ihn 1996 mit dem Start-Preis und 2002 mit dem Wittgenstein-Preis, der höchstdotierten Wissenschaftsauszeichnung in Österreich, aus. Er war damals mit 40 Jahren der jüngste Wittgenstein-Preisträger.

2001 gelang es Ferenc Krausz und seinem Team an der TU Wien erstmals, aus extrem ultraviolettem Licht einzelne Lichtblitze im Attosekundenbereich zu erzeugen und zu messen. Eine Attosekunde ist ein Milliardstel einer Milliardstel Sekunde (0,000.000.000.000.000.001 Sekunden). Diese extrem kurzen Lichtblitze ermöglichten es erstmals, die ultraschnellen Bewegungen von Elektronen sichtbar zu machen. Konkret gelang dies Krausz und seinem Team erstmals 2002, und zwar bei Atomen des Edelgases Krypton. Das Fachjournal „Science“ nahm den Physiker daraufhin auf eine „Breakthrough of the Year“-Liste des Jahres 2002 auf. Ein Jahr später gelang ihm, mit einem ultrakurzen Laserpuls ein einzelnes Elektron gezielt zu bewegen und in weiterer Folge konnte Krausz zahlreiche Echtzeit-Filmaufnahmen der Bewegung von Elektronen in Molekülen und Atomen aufnehmen.

Der Physiker gilt damit als einer der Begründer der Attosekundenphysik. Auf der Basis seiner Forschungen sind neue Arbeitsgebiete entstanden, etwa eine hochauflösende Mikroskopie, die auch die Untersuchung lebender Organismen ermöglicht. Zudem hat er Laser zur Diagnose von Augen- und Krebskrankheiten entwickelt.

Wechsel nach Deutschland

2003 wurde er zum Direktor am Max-Planck-Institut für Quantenoptik in Garching ernannt, 2004 Professor für Physik an der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München. Seinen Wechsel nach Deutschland begründete er mit der Attraktivität des Max Planck-Instituts und habe nichts mit den Verhältnissen in Österreich zu tun, betonte Krausz damals: „Ich habe an der TU Wien nicht zuletzt dank der Unterstützung durch den Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung (FWF) nahezu ideale Bedingungen zur Entfaltung meiner Aktivitäten gehabt und konnte ein Weltklasse-Labor aufbauen, mit dem wir international konkurrenzfähig sind.“

2004 wurde er zum Mitglied der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) gewählt. 2015 gründete er das Centre for Advanced Laser Applications (CALA) an der LMU und leitet es seither, seit 2019 ist Krausz auch Co-Gründer und Direktor des Center for Molecular Fingerprinting Research in Budapest.

Krausz ist nach wie vor als Honorarprofessor an der TU Wien tätig und arbeitet noch immer mit den Wiener Gruppen zusammen. Erst vor zwei Wochen war er zu einem Symposium an der TU Wien zu Gast. Seine „spärliche“ Freizeit verbringt der Vater zweier erwachsener Töchter gerne mit Sport und Lesen sowie mit seiner Familie.

Bereits 2015 als Favorit gehandelt

Der Informationskonzern Thomson Reuters zählte Krausz bereits 2015 in seiner jährlichen Prognose zu den Favoriten für den Physik-Nobelpreis. Im Vorjahr wurde er für seine Beiträge zur Attosekundenphysik gemeinsam mit seiner Co-Nobelpreisträgerin Anne L'Huillier von der Universität Lund (Schweden) sowie mit Paul Corkum von der Universität von Ottawa (Kanada) mit dem renommierten Wolf-Preis in Physik ausgezeichnet.

„Jeder von ihnen leistete entscheidende Beiträge, sowohl zur technischen Entwicklung der Attosekundenphysik als auch zu ihrer Anwendung auf grundlegende physikalische Studien“, teilte die preisvergebende Wolf-Stiftung in Israel mit. Krausz sah in der Auszeichnung „eine Würdigung der Zukunftsperspektiven, die die Ultrakurzpuls - Laserforschung für das Vorantreiben der Grenzen von Wissenschaft und Technologie bietet.“

Weitere Auszeichnungen waren der deutsche Leibniz-Preis (2006), der König-Faisal-Preis für Wissenschaft (2013) sowie die 2019 erstmals verliehene Wladilen Letochow Medaille der Europäischen Physikalischen Gesellschaft.

Ferenc Krausz
2001 gelang es Ferenc Krausz und seinem Team an der TU Wien erstmals, aus extrem ultraviolettem Licht einzelne Lichtblitze im Attosekundenbereich zu erzeugen und zu messen.
JONATHAN NACKSTRAND / AFP / picturedesk.com