Forscher bringen Tuberkulose-Bazillen zur Selbstzerstörung

Tuberkulose-Bakterien sind weltweit die tödlichsten Krankheitserreger, sie beenden laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) jährlich über 1,5 Millionen Menschenleben und werden zunehmend unempfindlich gegen Antibiotika. Wiener Forscher entwickelten eine neue Wirksubstanz gegen die Bazillen: „Zweiköpfiges Cyclomarin A“ lässt in ihrem Inneren lebenswichtige Eiweißstoffe schreddern, während fehlgebildete Produkte überhandnehmen.

red/Agenturen

Die Studie ist im Fachjournal „Cell“ erschienen. Ein Team um Tim Clausen vom Forschungsinstitut für Molekulare Pathologie (IMP) in Wien untersuchte zunächst, wie herkömmliches Cyclomarin A in Tuberkulose-Bakterien wirkt. Dies ist ein Wirkstoff aus Meeresmikroben. Sein Angriffspunkt ist ein Schredder aus sechs „ClpC1"-Bauteilen in den Bakterien. Sie bilden einen Kanal, an dessen Ende Eiweißstoffe zerhäckselt werden.

Normalerweise kommen dort nur Eiweißstoffe hinein, die falsch geformt sind oder deren Aktivität nicht mehr gebraucht sind, und die dadurch schädlich für die Zellen werden. Cyclomarin A sieht kaputten Eiweißstoffen ähnlich, und wird deshalb von ClpC1 gebunden, erklärte Clausen der APA. Es aktiviert den Schredder, wird aber selber nicht in den Kanal gezogen. Dort landen hingegen intakte, für die Bakterien lebenswichtige Eiweißstoffe. Die Tuberkulose-Bazillen haben jedoch von Natur aus einen Abwehrmechanismus, der ClpC1 vor Überlastung schützt, wenn in Extremsituationen viele falsch gefaltete Eiweißstoffe in der Zelle sind. Nämlich in Form des Eiweißstoffes ClpC2, der sie teils vom Schredder fernhält. Er kann auch Cyclomarin A binden und damit ClpC1 vor ihm bewahren, so der Forscher.

Er stellte mit Kollegen nun ein „zweiköpfiges“ Cyclomarin A her. Es bindet an der einen Seite den sechsteiligen ClpC1-Schredderkanal, an der anderen Seite einen losen ClpC1-Bauteil, berichtete Clausen. Dadurch bringt es den Schredder dazu, seine eigenen Bauteile zu zerhäckseln. Irgendwann können dann nicht mehr ausreichend viele Schredder zusammengesetzt werden, die sich um fehlgefaltete zelluläre Eiweißstoffe kümmern, sagte der Forscher: „Das ist für die Zellen fatal.“ ClpC1 und seine Schredderaktivitäten sind für die Tuberkulose-Bakterien nämlich überlebensnotwendig.

Das zweiköpfige Cyclomarin A hält auch ClpC2 fest und leitet damit seinen Abbau ein. Dann kann ClpC1 weder vor Überlastung durch missgefaltete Eiweißstoffe, noch vor der Wirksubstanz geschützt werden. „Die zweiköpfigen Cyclomarin A-Moleküle haben eine extrem hohe Effizienz, weil sie nicht nur ClpC1 kaputt machen, sondern auch diesen Sicherheitsmechanismus“, erklärte Clausen.

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