Valneva-Chikungunya-Impfstoff könnte wirksam sein

Ein in Entwicklung befindlicher Lebendimpfstoff des französisch-österreichischen Unternehmens Valneva gegen das Chikungunya-Fieber ruft eine starke neutralisierende Antikörperantwort bei Probanden hervor. Das hat eine erste Studie der Phase-III in den USA ergeben, die jetzt im Fachblatt „Lancet Infectious Diseases“ veröffentlicht worden ist. Der Nachweis einer schützenden Wirkung „im Feld“ fehlt allerdings noch.

red/Agenturen

Chikungunya hat in den vergangenen Jahren immer mehr Aufmerksamkeit bekommen. Der Name bedeutet „der gekrümmt Gehende“, ein Hinweis auf die teilweise starken Gelenksbeschwerden bei einer Erkrankung. Die Ansteckung erfolgt hauptsächlich durch den Stich von infizierten Mücken der Gattungen Aedes albopictus (Tigermücke) und Aedes aegypti (Gelbfiebermücke). Diese Mücken kommen in vielen Städten und Regionen der Subtropen und Tropen vor und stechen hauptsächlich tagsüber.

Durch den Klimawandel sind die Verbreitungsgebiete der die Infektion übertragenden Moskitoarten immer größer geworden. So hat sich in Italien 2007 erstmals ein Ausbruch mit mehr als 300 Erkrankten ereignet, auch aus Südfrankreich wurden in den vergangenen Jahren kleine Ausbrüche gemeldet. Alle bisher in Österreich betroffenen Personen haben sich auf einer Reise angesteckt, eine Übertragung im Inland wurde noch nie gemeldet. Weltweit gab es in den vergangenen Jahren geschätzt rund fünf Millionen Chikungunya-Erkrankungen in rund hundert Staaten der Erde.

99 Prozent von Geimpften mit Antikörperreaktion

Aus diesen Gründen haben Biotech- und Pharmaunternehmen in den vergangenen Jahren versucht, Impfstoffe gegen die Infektion bzw. die Erkrankung zu entwickeln. Das französisch-österreichische Unternehmen Valneva setzt dabei auf einen Lebendimpfstoff mit abgeschwächten, nicht krank machenden Viren.

Weil Chikungunya-Ausbrüche unvorhersehbar sind und Krankheitswellen auch schnell wieder verschwinden können, ist die Erprobung von Vakzinen schwierig. In der von Martina Schneider (Valneva/Wien) und ihren Co-Autoren durchgeführten Studie ging es daher nicht um die Bekämpfung der Erkrankung in einem Endemiegebiet. Vielmehr wurden zwischen 17. September 2020 und 10. April 2021 rund 4.100 Probanden in 43 Studienzentren in den USA in die Untersuchung aufgenommen - alle in Regionen ohne Chikungunya-Fälle.

In der Studie erhielten fast 3.100 Probanden (Zufallsauswahl) eine Dosis der Kandidatvakzine VLA1553, etwas mehr als 1.000 ein Placebo. Wie geplant, erfolgte nach der einmaligen Impfung bei 266 Probanden aus der VLA1553-Gruppe und bei 96 Personen aus der Placebogruppe eine Untersuchung von Blutproben auf die allfällige immunologische Reaktion. Das Hauptergebnis, so die Wissenschafter in „Lancet Infectious Diseases“. „VLA1553 erzeugte 28 Tage nach der Immunisierung schützende Antikörper-Spiegel bei 263 (98,9 Prozent) von 266 Probanden in der VLA1553-Gruppe.“ Das traf für alle Altersgruppen zu. Nach 180 Tagen hatten noch 96,3 Prozent der Geimpften offenbar ausreichend schützende Antikörper im Blut.

Die Vakzine war gut verträglich. Unerwünschte Reaktionen betrafen vor allem Kopfschmerzen (32 Prozent der Immunisierten), Müdigkeit (29 Prozent), Gelenkschmerzen (18 Prozent) und Schmerzen an der Einstichstelle (13 Prozent).

Aber noch keine Wirksamkeit „im Feld“ nachgewiesen

Schwerere unerwünschte Effekte traten nur bei zwei Prozent der wirklich Geimpften und bei einem Prozent der Probanden aus der Placebo-Gruppe auf. Nur zwei der Fälle wurden als wahrscheinlich mit der Vakzine verbunden klassifiziert. Martina Schneider (Valneva): „Das könnte die erste Chikungunya-Vakzine für Menschen in Endemiegebieten sein, aber auch für Reisende in solche Regionen, wo Chikungunya-Ausbrüche drohen.“

Die Ergebnisse dieser Untersuchung beruhen allerdings auf reinen Labortests. Ein Beweis für eine schützende Wirkung der Valneva-Kandidatvakzine unter den realen Bedingungen eines Chikungunya-Ausbruchs oder in Endemiegebieten steht noch aus. Eine solche Studie läuft derzeit zum Beispiel in Brasilien. Das Unternehmen will sowohl in den USA als auch in der EU und in anderen Ländern eine Zulassung des Impfstoffes erreichen.

Es gibt aber auch mögliche wichtige Einschränkungen: Lebendimpfstoffe werden oft für Menschen mit geschwächtem Immunsystem und für Schwangere als ungeeignet angesehen. International sind auch andere Unternehmen in der Impfstoffforschung gegen Chikungunya engagiert. Valneva dürfte hier derzeit an der Spitze stehen. Das Unternehmen hat seit Jahren einen Impfstoff gegen die Japan-Enzephalitis. Mit einem Projekt für eine Covid-19-Vakzine hatte man wenig kommerziellen Erfolg. Gemeinsam mit dem US-Pharmakonzern Pfizer wird auch ein Borreliose-Impfstoff entwickelt.

Schützende Impfstoffe gegen Chikungunya könnten jedenfalls sowohl für die Menschen in betroffenen Regionen als auch für Reisende eine große Hilfe sein. Immerhin erkrankte rund die Hälfte der Infizierten in der Folge an schweren rheumatischen Gelenksbeschwerden. Die Sterblichkeitsrate wird mit 0,3 bis einem Fall pro 1.000 Erkrankten angegeben.

Tigermücke
Die Ansteckung mit Chikungunya erfolgt hauptsächlich durch den Stich von infizierten Tigermücken oder Gelbfiebermücken.
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