Selbstbestimmungsgesetz

Deutschland vereinfacht Änderung von Eintrag zu Geschlecht und Namen

Die deutsche Regierung erleichtert die Änderung des Vornamens und des Geschlechtseintrags. Ein am Mittwoch vom Bundeskabinett nach Regierungsangaben beschlossener Gesetzesentwurf sieht vor, dass künftig eine Erklärung der Antragsteller ausreichen soll, dass sie sich der Bedeutung des Vorgangs bewusst sind. Die bisher nötige Vorlage eines ärztlichen Attests oder eines gerichtlichen Gutachtens entfällt laut Gesetzesentwurf, der noch vom Bundestag beschlossen werden muss.

red/Agenturen

Die Änderung des Eintrags zum Geschlecht oder der Vornamen soll drei Monate nach der Erklärung gegenüber dem Standesamt wirksam werden. Um ständige Änderungen bei einer Person zu vermeiden, gilt nach einer Neuregistrierung eine einjährige Sperrfrist für weitere Änderungen. Für Minderjährige bis 14 Jahre müssen die Sorgeberechtigten eine Änderungserklärung abgeben, die bis zur Volljährigkeit ohnehin Änderungen zustimmen müssen.

Der Queerbeauftragte der deutschen Regierung, Sven Lehmann, hat den Beschluss des Selbstbestimmungsgesetzes durch das Bundeskabinett als historisch bezeichnet. „Jeder Mensch hat das Recht auf Anerkennung seiner Persönlichkeit. Dieses Recht wird aber trans- und intergeschlechtlichen sowie nicht-binären Menschen bislang vorenthalten“ sagte der Grünen-Politiker der Deutschen Presse-Agentur am Mittwoch. „Die nun geplante Abschaffung psychiatrischer Zwangsbegutachtung und langwieriger, teurer Gerichtsverfahren ist für diese Menschen ein riesiger Fortschritt.“ Der heutige Tag sei historisch.

Raab: „Ampelkoalition schießt über Ziel hinaus“

Frauen- und Familienministerin Susanne Raab schließt eine ähnliche Gesetzesänderung für Österreich aus. „Die linke Ampelkoalition in Deutschland schießt hier deutlich über das Ziel hinaus“, betonte Raab in einer Stellungnahme gegenüber der APA. In Österreich gebe es aus guten Gründen Gutachten, die notwendig sind, um derart weitreichende Änderungen vorzunehmen. „Jeder Mensch soll nach seiner Facon leben können. Aber ich halte es für absurd, wenn man dann so tut, als sei es das Normalste der Welt, jedes Jahr sein Geschlecht zu ändern.“

Besonders bedenklich findet Raab, dass das neue deutsche Gesetz sogar für Minderjährige gelten solle. „Das Gesetz könnte dazu führen, dass in Frauenhäusern oder Schutzwohnungen für Frauen auch Männer aufgenommen werden oder Umkleidekabinen für Frauen auch Männern zugänglich gemacht werden. Das kann ich nicht befürworten. Es gibt für mich Plätze, die den Frauen gehören. Eine Änderung der Gesetzeslage in Österreich steht nicht zur Debatte.“

Der Entwurf wurde vom deutschen Justiz- und Familienministerium vorgelegt. Das Selbstbestimmungsgesetz soll das sogenannte Transsexuellengesetz von 1980 ablösen, das in wesentlichen Teilen für verfassungswidrig erklärt worden war. Es soll vor allem trans-, intergeschlechtlichen und nichtbinären Menschen erleichtern, eine Geschlechtsänderung registrieren zu lassen. Allerdings sieht der Gesetzesentwurf laut Justizministerium keine Neuregelung für geschlechtsändernde medizinische Maßnahmen selbst vor. Hier bleibt es bei den einschlägigen medizinischen Regelungen und Leitlinien.