Ukraine-Krieg

Höchststand an Leistungsbeziehern beim Wiener FSW

Der Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine hat sich deutlich auf die Kundschaft des Fonds Soziales Wien (FSW) ausgewirkt, wie aus dem Geschäftsbericht 2022 der gemeinnützigen Organisation hervorgeht. 142.600 Menschen bedeuten einen Anstieg um fast ein Drittel gegenüber 2021. Knapp 49.000 Menschen, über 26.000 davon Vertriebene aus der Ukraine, haben Leistungen bezogen.

red/Agenturen

Nach zwei Jahren der Corona-Pandemie begann im Februar 2022 der Krieg in Europa. Die Aufgabe angesichts der Geflüchteten war, „Unterstützung von einem Tag auf den anderen“ zu bieten, sagte Susanne Winkler, FSW-Geschäftsführerin bei Präsentation des Geschäftsberichts 2022. Und bedeuten 142.600 zu Betreuende eine immense Steigerung von 29 Prozent gegenüber 2022, lag jener im Flüchtlingsbereich bei über 100 Prozent. Zur FSW-Zielgruppe zählen in Summe Menschen mit Pflege- und Betreuungsbedarf, Behinderung, Menschen mit Schulden oder ohne Obdach in Wien.

Der Flüchtlingsstrom stagniert inzwischen, die nächste Krise in Form von Teuerung bzw. Inflation zeitigt jedoch bereits ihre Auswirkungen. Die Schuldenberatung boomt beim FSW, schon das Vorjahr brachte einen Anstieg von zwölf Prozent an Erstkontakten und sieben Prozent mehr an Kunden. „Knapp 12.000 Personen haben Hilfe und Unterstützung durch unsere Finanzexpertinnen und Finanzexperten erhalten“, betonte Anita Bauer, ebenfalls Geschäftsführerin wie ihr Kollege Michael Rosenberg und damit Teil des seit März 2023 bestehenden Führungstrios.

Der Trend zur Zahlungsunfähigkeit wird sich weiter verschärfen, denn das erste Halbjahr 2023 zeigt in diesem Segment ein Plus von 35 Prozent gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahrs. „Momentan nehmen wir eine weitere Steigerung wahr. Wir erleben aber, wie bei jeder Krise, dass wir die Auswirkungen verzögert spüren“, erläuterte Winkler. Denn in finanzielle Schwierigkeiten geratene Betroffene würden diese oft erst zu kompensieren versuchen, „dann wird oft im Umfeld Geld ausgeliehen, was die kritische Situation dann verstärkt“, so die Geschäftsführerin. Laut ihrer Einschätzung werden die Jahre 2024 und 2025 uns wohl erst zeigen, wie die Wiener Bevölkerung diese Krisensituation bewältigen konnte.

Aufwendungen gestiegen

Das Service an den Kundinnen und Kunden sei das Herzstück des FSW, dementsprechend stiegen auch die Aufwendungen auf 2,25 Milliarden Euro nach 1,96 Milliarden im Jahr davor - 2,1 Milliarden Euro kommen in Form von Leistungsförderungen und -finanzierung direkt bei diesen an. „Das sind 93,5 Prozent unseres Gesamtbudgets“, erklärte Geschäftsführer Rosenberg. Ein wichtiger Teil des FSW-Konzepts ist immer auch die Prävention. So wird etwa für junge Leute ein „Finanzführerschein“ angeboten, um Kompetenz im Umgang mit Geld zu vermitteln, in einer „Konsumgesellschaft, die einem wiederum ständig vermittelt, was man alles braucht, um glücklicher zu werden“. Egal, ob ein Kunde nun seinen Job und die Wohnung verloren hat - hier gibt es seit rund einer Dekade die „Housing-first“-Strategie - oder ob er vom Krieg nach Wien flüchten musste: Ziel ist es, dass Betroffene wieder ein „selbstbestimmtes Leben führen können“, sagte Winkler und die Perspektive zu einem solchen will der FSW vermitteln.

Um diese Aufgaben zu bewältigen, hat der FSW auch 28.500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in 170 Partnerorganisationen, angefangen von Caritas und Volkshilfe, dem Roten Kreuz bis hin zu den Wiener Pensionistenwohnhäusern. Die vier Genannten zählen zu den 15 größten Partnern. Ein Mangel an Mitarbeitern herrscht indes im Pflege- und Sozialbereich, mit der „Pflege Zukunft Wien“-Offensive will man gemeinsam mit dem Wiener Gesundheitsverbund und FH Campus Wien hier zum einem die Anzahl der Ausbildungsplätze aufzustocken. Winkler verwies zudem auf ein im Juli 2023 unterzeichnetes „Memorandum of Understanding“ zur Anwerbung philippinischer Pflegefachkräfte. „Aktuell arbeiten wir mit Hochdruck an der Umsetzung, damit wir mit der konkreten Anwerbung beginnen können.“