Ärztekammer sieht bei Ausbildung noch Luft nach oben

Die Ärzt:innen in Ausbildung sind mit dem Ausbildungssystem in Österreich nur bedingt zufrieden. Das ergab eine Umfrage im Auftrag der Österreichischen Ärztekammer (ÖÄK), die am Dienstag präsentiert wurde. „Die ärztliche Ausbildung in Österreich ist okay, aber definitiv nicht gut genug, daher ist dringend Handlungsbedarf gegeben, um konkurrenzfähig zu bleiben“, sagte dazu Ärztekammer-Vizepräsident Harald Mayer.

red/Agenturen

Die Umfrage - im Auftrag der Bundeskurie der angestellten Ärzte (BKAÄ) - habe gezeigt, dass kleinere Abteilungen „deutlich besser ausbilden und besser beurteilt wurden - da müssen sich große Abteilungen noch mehr bemühen“, sagte Mayer zu den Ergebnissen. Sehr gut beurteilt worden seien die Lehrpraxen, eher schlecht dagegen die Basisausbildung und die Vermittlung der evidenzbasierten Medizin.

Gesamt wurde die Ausbildung („Globalbeurteilung“) seitens der Auszubildenden auf einer sechsstufigen Skala mit 4,51 Punkten bewertet. Am unzufriedensten waren die Befragten mit der Vermittlung der evidenzbasierten Medizin mit nur einem Score von 3,67. Das sei eigentlich einem „Nicht Genügend“ gleichzusetzen, so Mayer. „Da muss man den jungen Kolleginnen und Kollegen die Zeit geben, dass sie mehr arbeiten unter der Einbeziehung von letzten wissenschaftlichen Erkenntnissen.“ Die meisten Punkte gab es beim Punkt „Betriebskultur“ mit 4,73.

Umfrage unter allen Ärzt:innen in Ausbildung: Geringere Zufriedenheit als in der Schweiz

In der Schweiz, wo diese Erhebung schon seit vielen Jahren durchgeführt wird, gaben sich die Auszubildenden im Vergleich zufriedener: So lag die Globalbeurteilung bei 4,77, hinsichtlich der evidenzbasierten Medizin gab es einen Wert von 4,45 und bei der Betriebskultur einen von 4,97.

Bei den Fächern schnitt die Psychiatrie und Psychotherapeutische Medizin am besten ab (4,63), die Basisausbildung (4,16) am schlechtesten. Die Basisausbildung folgt in Österreich auf den Abschluss eines Medizinstudiums und dauert neun Monate, bevor es in die konkrete Facharztausbildung geht. Man müsse darüber diskutieren, die Basisausbildung abzuschaffen, sagte dazu Daniel von Langen, Vorsitzender des ÖÄK-Bildungsausschusses. Denn dies sei ein deutlicher Wettbewerbsnachteil gegenüber den Mitbewerbern aus anderen Ländern, verwies er etwa darauf, dass es diesen Zwischenschritt vor der Facharztausbildung in Deutschland und in der Schweiz nicht gibt.

Für Vize-BKAÄ-Obmann Stefan Ferenci ist auch der Faktor Zeit ein wichtiger Punkt: „Die Arbeitgeber in unseren Spitälern müssen endlich jene Bedingungen schaffen, die garantieren, dass eine optimale Ausbildung sowohl für die Lehrenden als auch für die Auszubildenden innerhalb von 40 Stunden Arbeitszeit zu schaffen ist.“ Wie auch Mayer plädierte er für Bürokratieabbau, Digitalisierung und die Verlagerung von administrativen Tätigkeiten an administratives Personal. „Die Ressource Arzt/Ärztin muss man besser nutzen.“ Auch betonte er, dass es mehr Fachärzt:innen brauche, um Ausbildung zu supervidieren.

Mayer: Dringender Handlungsbedarf, um konkurrenzfähig zu bleiben

Die Kammer will die Erhebung 2024 wiederholen. „In einigen Jahren sollte es das Ziel sein, dass unsere Ausbildung genauso gut, wenn nicht besser bewertet wird wie in der Schweiz“, sagte Mayer.

Die Umfrageergebnisse sind online abrufbar und soll jungen Ärzt:innen als „Tool“ zur Entscheidungshilfe dienen, „wo sie die Ausbildung machen wollen“, so der Vizepräsident. „Alle Abteilungen sind gut beraten, ihre Ausbildung zu verbessern. Die Konsequenz ist: Wenn sie nicht besser werden, werden wir junge Kollegen und Kolleginnen verlieren.“

Durchgeführt wurde die Umfrage unter allen Ärzt:innen in Basisausbildung, in Ausbildung zum Allgemeinmediziner sowie zum Facharzt - und zwar von der Eidgenössische Technische Hochschule in Zürich (ETH Zürich) im März und Mai 2023. 44 Prozent der Turnusärztinnen und -ärzte retournierten die Fragebögen ausgefüllt, sagte Projektleiter Michael Siegrist von der ETH Zürich. Zum Vergleich: In der Schweiz kamen zuletzt 70 Prozent zurück. Mayer bedankte sich für den Rücklauf, will aber Verbesserungen. Einige „durchaus große Abteilungen“ hätten leider auch eine „Null-Prozent Rücklaufquote“ aufgewiesen, zeigte er sich enttäuscht.