Die Novelle ist eigentlich eine Folge des sogenannten Brunnenmarkt-Falles: Im Mai 2016 hatte ein 21-jähriger geistig verwirrter Obdachloser in Wien-Ottakring ohne ersichtlichen Grund eine Passantin mit einer Eisenstange erschlagen. Eine Sonderkommission stellte danach Defizite in der Vernetzung und bei den Informationsflüssen zwischen den verschiedenen beteiligten Stellen fest. Die Empfehlungen der Brunnenmarkt-Kommission sind nun in die Novelle eingeflossen.
Mit der Novelle sollen entscheidungsfähige Minderjährige selbst bestimmen können, ob sie freiwillig untergebracht werden. Gleichzeitig soll Elternrechten ein gebührender Stellenwert eingeräumt werden und besondere Kooperationsmodelle z.B. mit Kindergärten, Schulen oder anderen Betreuungseinrichtungen gesetzlich verankert werden, so das Justizministerium. Da das derzeitige Unterbringungsgesetz als „Erwachsenenpsychiatrie-Gesetz“ angelegt sei, enthalte es bisher nur wenige Bestimmungen für Minderjährige.
Kreis der Ärzt:innen, die eine Einweisung veranlassen können, wird erweitert
Intention der Novelle war es laut Justizministerium auch, das Gesetz mit den Anforderungen der Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen in Einklang zu bringen. Entscheidungsfähige Patient:innen dürfen daher nur mit ihrer Einwilligung einer Behandlung unterzogen werden. Fehlt die Entscheidungsfähigkeit, so müssen behandelnde Ärzt:innen Personen beiziehen, die Patient:innen bei Entscheidungen unterstützen können.
Die Reform legte dem Ressort zufolge außerdem ein besonderes Augenmerk auf den Austausch von Informationen und die bessere Vernetzung der beteiligten Stellen. Künftig wird daher der Informationsaustausch neu geregelt. So wird etwa für jede Berufsgruppe gesetzlich genau festgelegt, wann wer welche sensiblen Daten mit welchem Zweck weitergeben darf. „Damit soll sichergestellt werden, dass alle Beteiligten Zugang zu den Informationen haben, die nötig sind, um eine optimale und engmaschige Behandlung zu gewährleisten„, betonte das Justizministerium.
Außerdem sollen sich Ärzt:innen im Zuge der Aufhebung der Unterbringung um die weitere soziale und psychiatrische Betreuung kümmern, wenn das notwendig ist. Damit sollen Patient:innen in Zukunft auch nach dem Ende ihrer Unterbringung eine Ansprechperson haben, an die sie sich wenden können. Damit wollen die Behörden den Behandlungserfolg „nachhaltig“ absichern, den Gesundheitszustand langfristig stabilisieren und Rückfälle vermeiden. Der Kreis der Ärzt:innen, die eine sogenannte Einweisung veranlassen können, wird erweitert, „um Patienten Wartezeiten zu ersparen und eskalierende Gefahrensituationen zu vermeiden“.