Rauch appelliert an staatspolitische Verantwortung der Länder

Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) hat in den Finanzausgleichsverhandlungen an die Bundesländer appelliert, ihre „staatspolitische Verantwortung“ zu übernehmen. Das aktuelle Angebot von zwei Milliarden für Gesundheitsbereich und Pflege sei „enorm viel Geld“, sagte Rauch am Sonntag in der ORF-„Pressestunde“. Der Finanzausgleich sei das einzige Zeitfenster für die Gesundheitsreform, warnte er. Sonst drohe in fünf Jahren ein „Riesendilemma“.

red/Agenturen

„Wenn wir das nicht schaffen, einmal eine Reform durchzusetzen, dann erstickt diese Republik irgendwann an der Reformunfähigkeit“, so der Gesundheitsminister. Dennoch zeigte sich Rauch zuversichtlich, dass es bis Mitte Oktober eine Einigung geben werde. Die Arbeiten seien weit fortgeschritten, der Finanzminister auf seiner Seite und die Länder bräuchten den Finanzausgleich, weil sie die Mindereinnahmen sonst nicht stemmen könnten.

Einer Ambulanzgebühr zur Entlastung der Spitalsambulanzen erteilte Rauch einmal mehr eine Absage. Um den Personalmangel zu bekämpfen, gelte es die Rahmenbedingungen im Gesundheitspersonal zu verbessern, in die Ausbildung zu investieren und eine qualifizierte Anwerbung aus dem Ausland durchzuführen, so der Minister. Von Alleingängen einzelner Bundesländer halte er wenig, so Rauch und plädierte für ein gemeinsames Vorgehen mit anderen Ländern wie Deutschland. „Das ist die Chance, die wir als Österreich haben, wir sind schlicht zu klein und ein Bundesland erst recht.“

„Österreichische Hausaufgaben“

Einmal mehr forderte Rauch, dass mehr Ärzt:innen ins Kassensystem gebracht werden müssten, indem die Rahmenbedingungen für Kassenärzt:innen attraktiver werden und Wahlärzt:innen mindestens dieselben Bedingungen wie Kassenärzt:innen erfüllen müssten. In Bezug auf den Medikamentenmangel sieht Rauch die „österreichischen Hausaufgaben“ erledigt, nun gelte es auf europäischer Ebene einen gesetzlichen Rahmen herzustellen. Warnungen der Pharmaindustrie vor neuerlichen Medikamentenengpässen kritisierte er als „Theaterdonner“, hinter dem auch Eigeninteressen stünden.

In Bezug auf die Corona-Situation zeigte sich Rauch zuversichtlich, dass man derzeit einen viel besseren Überblick über die Lage habe als vor einem Jahr. Die leicht steigenenden Zahlen und rund 200 Patient:innen aktuell in den Spitälern seien „keine alarmierende Nachricht“. Der Gesundheitsminister appellierte erneut zur Auffrischungsimpfung insbesondere bei älteren Personen und zum Maske-Tragen in größeren Menschenmassen. Eine neuerliche Maskenpflicht wollte er nicht ausschließen, wenn sich die Situation dramatisch verschärfen sollte oder im Fall einer anderen Virusvariante, „momentan finden wir aber das Auslangen mit Empfehlungen“.

Ultimatum bei Impfung

Kritik, dass die Impfmöglichkeiten im niedergelassenen Bereich in Österreich unübersichtlich seien, könne er zum Teil teilen, sagte Rauch. Die Ärzteschaft habe darauf gedrängt, dass das Impfen bei ihnen ablaufe, aber wenn das „in einer Woche“ nicht funktioniere, werde das Gesundheitsministerium das anders organisieren, stellte er ein Ultimatum. „Weil ich schaue nicht zu, wenn Impfstoffe da sind, Leute sich impfen wollen und zu keinem Impftermin kommen.“

In Bezug auf die Antiteuerungsmaßnahmen betonte Rauch, dass es gelungen sei, die Kaufkraft in Österreich zu erhalten. Der Sozialminister räumte zwar ein, dass die Regierung zu Beginn zu stark mit der Gießkanne zur Stelle gewesen sei, aber sie habe rasch gehandelt und die Armutsbekämpfung sei sehr wohl treffsicher gewesen, betonte er.

Forderungen der Pensionistenvertreter nach Nachbesserungen bei der geplanten Pensionserhöhung erteilte der Sozialminister eine Absage. „Das ist das Ende der Fahnenstange“, so Rauch. Eine Pensionsreform sei aktuell nicht sein Thema. „Bevor wir es nicht schaffen das reale Pensionsantrittsalter an das gesetzliche heranzuführen, macht es überhaupt keinen Sinn darüber zu sprechen“.

Mit seinen Aussagen erntete Rauch umgehend Kritik der Pensionistenvertreter. Mitte September habe der Sozialminister weitere Gespräche zugesichert, kritisierte der Präsident des SPÖ-nahen Pensionistenverbandes Peter Kostelka, aus dessen Sicht es „noch sehr viel Gesprächsbedarf“ gibt.

Kritik aus der Opposition

Die NEOS wiederum forderten vom Gesundheitsminister, seinen Worten in Bezug auf die Reformen im Gesundheitsbereich auch Taten folgen zu lassen. „Denn gute Absichten reichen nicht“, so Gesundheitssprecherin Fiona Fiedler in einer Aussendung. Die SPÖ warf Rauch vor, die Medikamentenversorgung in Österreich im kommenden Jahr zu gefährden. Rauch und Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) müssten rasch Gespräche mit dem Verband der heimischen Arzneimittelvollgroßhändler (PHAGO) führen, die aufgrund steigender Preise einige wichtigen Medikamente zu den aktuellen Abnahmekonditionen nicht mehr produzieren könnten, forderte der Abgeordnete Rudolf Silvan in einer Aussendung.

Die FPÖ warf Rauch vor, „kein Reformer, sondern lediglich der Konkursverwalter einer gescheiterten Regierungspolitik“ zu sein. Die Regierung habe „zig Milliarden Euro Steuergeld in Zusammenhang mit ihrem Corona-Zwangsregime verpulvert und gleichzeitig die Gesundheitsversorgung für die Bevölkerung an die Wand gefahren“, so der freiheitliche Generalsekretär Michael Schnedlitz.